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Archiv-Artikel

Viele Identitäten

Die Ausstellung „Under Construction“ zeichnet 25 Biographien von MigrantInnen in Bremer Firmen nach

Von frs
Wir haben die Menschen einfach erzählen lassen, sagt Cordula Weißköppel „Die typische MigrantInnenkarriere gibt es nicht“ finden die Studierenden

Felicitas Fernando sitzt auf gepackten Koffern. In Bremen hat die 24-jährige Brasilianerin als Trainee bei Kraft Foods angeheuert, nun kann man im Hafenmuseum in ihrem Reisegepäck wühlen. Musik und Bücher aus der Heimat finden sich darunter, wärmende Handschuhe, familiäre Erinnerungsstücke.

Die Koffer gehören zu der Ausstellung „Under Construction“, die anhand von rund 25 Biographien die Lebensgeschichten von MigrantInnen in Bremer Unternehmen nachzeichnet. Fast 30 Studierende der Kulturwissenschaften an der Universität Bremen sind an dem Projekt beteiligt, ein Jahr lang haben sie in biographischen Interviews MigrantInnen aus Mexiko und Frankreich, der Türkei oder Russland befragt. ArbeitnehmerInnen von Kraft Foods oder den Stahlwerken kamen dabei ebenso zu Wort wie Polizisten, Krankenschwestern oder DozentInnen der Volkshochschule.

Die klassischen Gastarbeiter finden sich darunter, aber auch die moderne Arbeitsnomaden aus dem gehobenen Management. Anspruch auf Repräsentativität erhebe man bei dieser Auswahl dennoch nicht, winkt Cordula Weißköppel, Kulturwissenschaftlerin an der Universität Bremen ab – zu niedrig die Zahl der Interviews.

Auch auf einen engen Fragenkatalog habe man bewusst verzichtet: Keiner der Befragten, betont Weißköppel „sollte sich auf dem Präsentierteller wieder finden“. Also habe man die MigrantInnen „einfach erzählen“ lassen, sei ihren „Impulsen gefolgt“.

Einmal ausgewertet sollten die studentischen Forschungsergebnisse aber nicht einfach nur in eine Hausarbeit verpackt werden. Ein gemeinsames Ausstellungskonzept wurde entwickelt, unter professioneller Anleitung von Ulrike Osten (Agentur Kulturräume) und dem Grafikdesigner Ulf Treger.

Herausgekommen sind sieben thematisch sortierte Felder. Beim „Ankommen“ erwarten die BesucherInnen zunächst unfreundlich bürokratische Aktenstapel und der Blick auf das neue Zuwanderungsgesetz. Wer will, kann hier einmal selbst überprüfen, ob er der Flut von Anträgen und Formularen gerecht werden könnte.

Im nächsten Bild arbeitet sich der „Mythos Arbeit“ in Zitaten und Büchern von Marx und Kant auf. Daneben erinnert ein altes Radio an die Verbindung zur Heimat, eine Käseglocke symbolisiert die „Enge“ der portugiesischen Community in Bremen. Eine Litfasssäule versammelt beliebige Zeitungsausschnitte über AusländerInnen in Deutschland. Und auf der Themeninsel „Klischee“ fragt ein Spiegelbild: „Typisch?“.

„Nein“, sagen die Studierenden und Ausstellungsmacher: „Die typische MigrantInnenkarriere gibt es nicht“. Und auch keine klaren Zugehörigkeiten – nur Franzosen und Christen, Fußballfans und StudentInnen. frs

“Under Construction“ ist noch bis zum 12. Juni im Hafenmuseum im Speicher XI der Überseestadt zu sehen – jeweils dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr. Eintritt: Drei Euro