: Weber streut Asche aufs Haupt
In der Steglitz-Zehlendorfer BVV scheitert der Abwahlantrag gegen Bürgermeister Herbert Weber (CDU). Der entschuldigt sich für Aussagen zum 8. Mai und bleibt im Amt
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Steglitz-Zehlendorf köchelt weiter ihr trübbraunes Süppchen: Der Bezirksbürgermeister Herbert Weber (CDU) hat den Abwahlantrag der SPD gestern heil überstanden. Von 55 Abgeordneten stimmten nur 29 für eine Abwahl, 26 stimmten dagegen.
Erfolgreich wäre eine Abwahl erst bei einer Zwei-Drittel-Mehrheit gewesen. Weber hatte sich in der heftig geführten Diskussion zuvor für seine Entgleisungen Asche aufs Haupt gestreut: „Menschen konnten sich verletzt fühlen, dafür entschuldige ich mich“, sagte Weber, besonders mit Blick auf seine Rede zum Volkstrauertag 2004. Darin hatte der Bezirksbürgermeister Wehrmachtsdeserteuren unterstellt, in den meisten Fällen „etwas auf dem Kerbholz“ gehabt zu haben. Außerdem hatte er die Abkehr von „Auschwitz als Erinnerungsreligion“ befürwortet.
Der FDP-Fraktionschef akzeptierte die Entschuldigung in der Debatte – und sicherte damit Webers politisches Überleben. Denn die Opposition hätte für die zur Abwahl nötige Zweidrittelmehrheit die Stimmen der FDP und sogar noch die von drei CDUlern gebraucht.
Die Chefin der Grünen-Fraktion, Irmgard Franke-Dressler, sagte, das Problem sei mit der Entschuldigung keinesfalls ausgeräumt, sondern bestehe weiter. So eine späte Entschuldigung nach drei Monaten „erscheint nicht glaubwürdig“. SPD-Abgeordnete äußerten sich d’accord.
Die SPD-Opposition hatte den von den Grünen unterstützten Abwahlantrag Anfang März in die BVV eingebracht. Den Stein ins Rollen brachte ein kurzes Schriftstück. Die CDU/FDP-Mehrheit in der BVV hatte im Januar einen Text zum Gedenken an den 8. Mai 1945 verabschiedet. Darin hieß es, dass der Bezirk zum 60. Jahrestag des Kriegsendes auch an „den Schrecken und das Leid der Bevölkerung“ erinnere, die „die Rote Armee von Ostpreußen bis nach Berlin zu verantworten“ habe.
Die Oppositionsparteien, die Jüdische Gemeinde und der russische Botschafter liefen Sturm gegen diese Formulierungen, die aus ihrer Sicht die Einzigartigkeit der NS-Verbrechen relativierten. Weber verteidigte den Text und warf seinen Kritikern vor, eine Beschränkung des Gedenkens auf zwölf Jahre Nazi-Diktatur sei eine „sublime Form der Geschichtsfälschung“.
MATTHIAS LOHRE