Reichlich Stimmungsaufheller (also Reggae, Rocksteady und Ska) mit The Magic Touch und El Bosso & die Ping Pongs

So eine zünftige Depression ist schon doof. Macht den Winter noch grauer, den Wind rauer und setzt die Rauminnentemperatur virtuell sofort um zwei bis drei Grad herab. Ist also auch ein ökologisches Problem, dem man aber mit The Magic Touch erfolgreich begegnen kann. Denn, so blöd das Klischee sein mag: Reggae ist immer noch der allerzuverlässigste Stimmungsaufheller – jedenfalls gleich nach Johanniskraut und Morphium. Praktisch, dass wir in Berlin die wohl lebendigste Szene außerhalb von bedeutenden Marihuana-Anbaugebieten besitzen.

Okay: Jetzt wirklich weg von den Klischees. Und hin zu den Fakten: The Magic Touch gibt es seit gut sechs Jahren. Entstanden ist die Band als Gipfeltreffen zweier etablierter Offbeat-Größen, den Dresdener Yellow Umbrella und den Solitos aus Berlin. Als Schnittmenge hat sich offensichtlich vor allem die Tradition ermitteln lassen: The Magic Touch spielen auch auf ihrem zweiten Album „Shocks of Lightning“ meist wundervoll altmodisch schunkelnden Roots-Reggae. Das hätten, behaupten wir jetzt mal, selbst die guten alten Wailers nicht wesentlich besser hinbekommen, und ob Sly & Robbie es noch drauf haben, das wird man am 24. Februar hören, wenn deren neues Album erscheint. The Magic Touch können aber nicht nur Roots, sondern auch Stücke wie „Buttered Toast“ oder „The Way You Smile“, denen man noch deutlich anhört, dass Rocksteady, die Wurzel aller Reggae-Genres, mal ursprünglich aus Rhythm & Blues entstanden ist. Das knarzt und rockt und bummert, und in „Take Care“ dudelt die Hammond-Orgel schließlich so lange im Kreis, bis der schlechten Laune ganz schwindelig geworden ist. Aber selbst in solchen Momenten sind The Magic Touch immer noch weich und flauschig genug, um Reggae zu bleiben. Noch weiter zurück, zum Ska nämlich, trauen sie sich aber nicht.

Das übernehmen dafür El Bosso & die Ping Pongs. Und das seit nun schon 1985. Okay, mit einer elfjährigen Pause. „Tag vor dem Abend“ ist denn auch erst ihr drittes Album. Auf dem sind aber wieder alle Texte auf Deutsch. Natürlich, muss man da sagen, denn die ursprünglich mal in Münster gegründete Band ist zwar nicht die dienstälteste deutsche Ska-Band (dieser Titel gebührt vermutlich Skaos aus Bayern), war aber dafür die erste, die mit deutschen Texten experimentierte. Auch diesmal singen Markus „El Bosso“ Seidensticker und Prof. Richie Jung, den man auch als Dr. Ring Ding kennt, ihre ironischen bis blödsinnigen Texte: Es geht um den psychopathischen Freund, der eigentlich ein ganz netter Kerl ist, um „Metallica“, auf die man sich wenigstens noch verlassen kann, oder die angebetete „Prinzessin“, die leider „nur auf Frauen steht“.

Auch den klassischen Ska-Sound hat die Band, die mittlerweile zum Teil in Berlin lebt, geschickt so weit in Richtung Rock erweitert, dass „Wo die Mitte liegt“ problemlos sogar nach den Toten Hosen klingen darf. Aber am besten sind sie immer noch, wenn die Bläser donnern und der Offbeat drängelt. Dann bringen El Bosso & die Ping Pongs selbst eine kränkelnde Psyche wieder auf Trab. THOMAS WINKLER

■ The Magic Touch: „Shocks of Lightning“ (Grover/Cargo), live am 3. 2. beim Dub-Camp im Yaam

■ El Bosso & die Ping Pongs: „Tag vor dem Abend“ (Pork Pie/Broken Silence)