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Archiv-Artikel

Mächtiges Getöse

Team der Woche: Erst 76 Sekunden vor Schluss konnten die American-Football-Spieler von Berlin Thunder den 30:28-Sieg gegen Rhein Fire sichern. Mit drei Siegen in dieser Saison sind die Berliner Kracher jetzt Tabellenführer in der NFL Europe League

VON VOLKER OHM

Den Gastspielen von Berlin Thunder bei Rhein Fire kam in den vergangenen Jahren stets besondere Bedeutung zu. Galt es dort doch, sich in den jeweiligen Heimstätten der Düsseldorfer schon einmal mit dem Austragungsort des World Bowls vertraut zu machen. 2002 (Rheinstadion) und 2004 (Arena AufSchalke) funktionierte dies so gut, dass im Endspiel dann auch die Kristallkugel von der Donnertruppe in den Himmel gestemmt werden konnte.

Ein zweiter Auftritt von Berlin Thunder in der LTU arena zum World Bowl XIII am 11. Juni der NFL Europe League ist auch in diesem Jahr denkbar – insbesondere, weil das erste Gastspiel am Samstag nach drei Stunden offenen Schlagabtausches, inklusive einer mitreißenden Schlussphase mit 30:28 (7:7/7:7/0:7/16:7), an den Titelverteidiger ging.

Besser ins Spiel kamen vor für Rhein Fire eher enttäuschenden gut 20.000 Footballfans aber zunächst die nun bereits seit insgesamt sieben Spielen sieglosen Gastgeber. Sie knüpften gleich an die bemerkenswerte zweite Halbzeit der Vorwoche in Hamburg an, benötigten fünf Pässe, drei Läufe und nur wenige Minuten, bis Quarterback Scott McBrien das letzte fehlende Yard zum Führungs-Touchdown selbst überbrückt hatte. Thunder konterte noch im Eröffnungsviertel durch Spielmacher Dave Ragone, der seinen „Wide Receiver“ Terrence Stubbs frei in der Düsseldorfer Endzone fand.

Auch im zweiten Viertel standen sich auf der in großen Teilen fast unbespielbaren und mit der Bezeichnung Rasen geschmeichelten Spielfläche zwei gleichwertige Gegner gegenüber. Berlins zweiter Quarterback Bret Engemann dirigierte den Titelverteidiger bis sechs Yards vor die Endzone der Rheinländer, ehe dem nach dem Weggefährten von Robin Hood benannten Little John Flowers der erste seiner zwei Lauf-Touchdowns glückte. Rhein Fire antwortete umgehend, sorgte durch die Kombination McBrien und Passempfänger Glenn Martinez noch vor der Pause für den Ausgleich.

Der dritte Durchgang sah wieder Fire mit einem Touchdown vorne, da Thunder über die gesamte Partie Probleme mit dem Laufspiel des Schlusslichts um den wiedergenesenen „Running Back“ Joe Smith (120 Yards) offenbarte. Zu Beginn des Schlussviertels korrigierte Little John Flowers mit seinem zweiten Touchdown aber wieder zum 21:21-Gleichstand.

Mit drei unnötigen Strafen ebnete Thunder, im bisherigen Saisonverlauf die Nummer eins der Liga in der Foulstatistik, den Rheinländern den Weg zu ihrer dritten, allerdings auch letzten Führung. Zwei der stärksten Thunder-Akteure, Spielmacher Ragone und Passempfänger Aaron Boone, sorgten zwar für den 27:28-Anschluss, doch aus Berliner Sicht folgte der „Super-GAU“. Gut drei Minuten vor dem Ende blockte die Düsseldorfer Defense den Extrapunktversuch des zuvor stets verlässlichen Thunder-Kickers Kevin Miller.

Für den Sieg benötigte Thunder also noch einen Helden und fand ihn in „Cornerback“ Jermaine Mayes. Die Leihgabe der Indianapolis Colts fing einen McBrien-Pass ab („Interception“), bot dadurch Kicker Miller die Möglichkeit zur Wiedergutmachung für den vergebenen Extrakick und das siegbringende „Field Goal“ (Feldtor) aus 31 Yards 76 Sekunden vor dem Spielende. „Siege, die erst in der Schlussphase perfekt gemacht werden, sind die süßesten, obwohl ich nicht weiß, ob wir heute wirklich das bessere Team waren“, sagte Berlins Head-Coach Rick Lantz ob des etwas glücklichen Erfolgs mit einigem Unbehagen.

Ein Blick in die bei amerikanischen Ballsportarten stets akribisch geführten Statistiken bestätigt den ehemaligen US-Marine-Sergeant. Zwar erzielte Thunder mit 197 Pass-Yards ähnliche Werte wie der Gastgeber (202), war im Laufspiel (66 Yards) allerdings deutlich unterlegen (192 Yards für Fire). „Den Unterschied machte Jermaines abgefangener Pass. Ein ungemein wichtiger Sieg für uns, weil wir uns nach dem vergebenen Extrapunkt nicht aufgegeben haben“, meinte dann auch „National“-Star Christian Mohr. Thunder führt jetzt mit drei Siegen die Tabelle in der Europaliga an, gemeinsam mit den nächsten beiden Gegnern, den Amsterdam Admirals und den Cologne Centurions. Und der Austragungsort des World Bowls scheint auch 2005 ein gutes Pflaster für den Titelverteidiger zu sein.