: Lärmschutz hat Konjunktur
FENSTERFÖRDERUNG Der Senat verteilt fünf Millionen Euro für ein paar hundert Wohnungen an den lautesten Straßen. Unter Lärm leiden derzeit aber gut 115.000 HamburgerInnen
VON GERNOT KNÖDLER
Der Senat subventioniert Lärmschutzfenster mit einem Zuschuss von bis zu 75 Prozent. Wie Umwelt-Staatsrat Stephan Winters am Dienstag mitteilte, können die Häuser an den lautesten Straßen davon profitieren. Eine Liste mit den 11.000 Adressen liegt bei der Wohnungsbaukreditanstalt (WK). Die Eigentümer sollten sich schnell melden: Für das Programm sind nur fünf Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm des Bundes vorgesehen. Das reicht für ein paar hundert Wohnungen.
Der Lärm wird als Problem für die Gesundheit häufig unterschätzt. Wer einem Dauerschallpegel von 65 Dezibel (dB(A)) und mehr ausgesetzt ist, hat aus Sicht der Gesundheitsbehörde ein um 20 Prozent erhöhtes Herzinfarktrisiko. Gut 115.000 HamburgerInnen müssen mit dieser Belastung leben, hat die Firma Lärmkontor vor einigen Jahren ausgerechnet. Angesichts dieser hohen Zahl konzentriert sich die Umweltbehörde zunächst auf die schlimmsten Fälle mit einem Dauerschallpegel von mindestens 70 Dezibel tagsüber sowie mindestens 60 dB in der Nacht.
Die 11.000 Adressen wurden mit Hilfe einer Lärmkarte ermittelt, die Hamburg nach der Umgebungslärmrichtlinie der EU zeichnen lassen musste. Auf dieser Grundlage hat die Behörde einen Lärmaktionsplan erarbeitet, der auch passiven Lärmschutz mit Schallschutzfenstern vorsieht. Nun, dank des Konjunkturprogramms, „können wir das schneller umsetzen“, so Winters.
Gefördert werden Schallschutzfenster und -türen in Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmern, sowie Wohnküchen mit maximal 450 Euro pro Fenster und Tür. Bei Schlafzimmern und Einzimmerwohnungen unterstützt der Senat auch den Einbau von Lüftern mit bis zu 950 Euro, sofern dabei auf Wärmerückgewinnung geachtet wird. Das Angebot gilt bis Ende 2010. Auf der Website www.wk-hamburg.de kann abgefragt werden, ob eine Adresse förderberechtigt ist. Wer mit dem Einbau beginnt, bevor er eine schriftliche Zusage hat, verwirkt die Förderung.
Weil die Lärmkarte auf Berechnungen zurückgeht, kann es sein, dass einzelne laute Orte nicht erfasst worden sind. Auch hier hilft die WK: „Man kann mit einem Zuschuss von 200 Euro einen Gutachter einschalten“, so WK-Direktor Uwe Qualmann.
Lärmschutzfenster, wie sie das Programm fördert, reduzieren den Lärm im Raum um mehr als 39 Dezibel. Ein herkömmliches Fenster verringere den Krach nur um 28 bis 29 Dezibel, sagte gestern der Fensterhersteller Ralph Iselmann. Die zehn Dezibel Differenz werden als Halbierung des Lärms empfunden.
Staatsrat Winters wies darauf hin, dass der Ende 2008 vorgestellte Lärmaktionsplan des Senats an vielen weiteren Stellen ansetzt. Änderungen etwa in der Verkehrspolitik brauchten jedoch ihre Zeit.