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Archiv-Artikel

Das Minister-Mantra

AUS BERLIN STEPHAN KOSCH

Dass ein Wirtschaftsminister vor allem Psychologe sein muss, weiß Wolfgang Clement – auch wenn seine Therapie etwas grobschlächtig wirkt. „Kein Grund, mit dem Kopf unter dem Arm herumzulaufen“, lautete gestern eines seiner Mutmach-Mantras. Die Chancen für einen wirtschaftlichen Aufschwung seien „so günstig wie seit Jahren nicht mehr“, der Arbeitsmarkt habe „das Schlimmste überstanden“.

Alles verbale Trostpflästerchen für einen chronisch Kranken. Denn die deutsche Wirtschaft wird in diesem Jahr weitaus weniger stark wachsen, als die Bundesregierung bislang gehofft hatte. Rund 1 Prozent Wachstum beim Bruttosozialprodukt erwarten die Statistiker der Regierung noch, wobei auch jeweils ein Viertelprozentpunkt Abweichung nach oben oder unten möglich ist. Immer noch mehr als die Prognose der Wirtschaftsinstitute, die 0,7 Prozent erwarten. Das ändert aber nichts daran, dass die Prognose bislang noch bei 1,6 Prozent lag.

Einer der Gründe für den schrumpfenden Optimismus ist der hohe Ölpreis: War die Bundesregierung bei ihrer alten Prognose noch von durchschnittlich 42 US-Dollar für ein Fass ausgegangen, rechnet sie nun mit 48 US-Dollar. Das koste etwa einen Viertelprozentpunkt. Hinzu komme noch die Konjunkturdelle zum Jahreswechsel, erklärte die Regierung.

Das alles hat natürlich auch Auswirkungen. Die Steuereinnahmen werden geringer ausfallen als bislang erwartet, wie viel genau, werden die Schätzer erst im Mai auf Basis der aktuellen Prognose errechnen. Neue Löcher im Haushalt von Finanzminister Hans Eichel sind also programmiert.

Doch dazu wollte Clement gestern keine Einschätzung geben, das war auch nicht sein Thema. Stattdessen versuchte er weiterhin das Land davon zu überzeugen, dass es eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt gibt – auch wenn die Regierung für das laufende Jahr einen Anstieg der Arbeitslosenzahl um knapp 400.000 auf 4,77 Millionen erwartet. „Statistischer Effekt durch Hartz IV“, meint Clement, um diesen bereinigt würden die Zahlen kaum steigen. Und im kommenden Jahr werde die 4,5-Millionen-Marke nach unten durchbrochen. 2006 soll die Wirtschaft um 1,6 Prozent wachsen und der private Konsum anziehen.

Zweckoptimismus? Clement hält an seiner Therapie fest. Auf die Frage, ob in den nächsten Jahren die Chancen oder die Risiken für die Wirtschaft überwögen, sagte er: „Sie kennen mich doch: Die Chancen.“