Der nicht mehr nette Herr Marnette

Chef der Norddeutschen Affinerie wirft Hamburger Senat Versagen in der Hafenstandortpolitik und das Fehlen kalkulierbarer und verlässlicher Planungen vor. Kupferumschlag wird deshalb nach Brunsbüttel verlagert, 20 Arbeitsplätze gehen verloren

von Gernot Knödler

Werner Marnette, Chef der Norddeutschen Affinerie (Affi), ist der Kragen geplatzt. Die Hütte will das Kupferkonzentrat, das sie aus Übersee bezieht, ab 1. Januar 2007 in Brunsbüttel umschlagen lassen und nicht mehr im Kaiser-Wilhelm-Kai auf Steinwerder. 14 Monate hätten er und seine Mitarbeiter erfolglos mit dem Amt für Strom- und Hafenbau der Wirtschaftsbehörde, der künftigen Port Authority, über einen neuen Umschlagplatz verhandelt, klagte Marnette gestern – erfolglos: „Wir sind ins Mühlwerk dieser Behörde geraten.“

Der Kaiser-Wilhelm-Kai, wo die Affi heute ihren Rohstoff vom Seeschiff auf Schuten umladen lässt, soll nach den Plänen von Strom- und Hafenbau zugeschüttet werden, um Platz für einen weiteren Containerterminal zu schaffen. Rein zufällig habe er vor 14 Monaten von diesem Plan erfahren, sagt Marnette.

Als neuer Umschlagplatz wäre aus Sicht der Affi der Grevenhofkai im Kuhwerder Hafen, an der Nordseite des geplanten Containerterminals am besten gewesen. Für 50 Millionen Euro hätte die Affi ein Transportband gebaut, um das Kupferkonzentrat ins Werk zu befördern. Die Port Authority habe jedoch angekündigt, dass das Band während der Umbauarbeiten auf Steinwerder auf unbestimmte Zeit angehalten werden müsste. Daher habe die Affi „mit Bedauern Abstand nehmen müssen“.

Ein Umzug in den Hansahafen, wie ihn die Wirtschaftsbehörde vorgeschlagen habe, komme wegen der Nähe zum künftigen Hafenmuseum in den 50er Schuppen nicht in Frage. Den Besuchern sei der unvermeidliche Kupferstaub nicht zuzumuten. Überdies plane der Senat im Zuge des Sprungs über die Elbe Wohnungen auf dem Kleinen Grasbrook.

Für 20 Jahre hat Marnette deshalb am Sonntag einen Dienstleistungsvertrag mit der Hafengesellschaft Brunsbüttel (HGB) abgeschlossen, „der die Logistik unserer Konzentratversorgung vom Seeschiff bis in unser Hamburger Werk abdeckt“. Rund 60 Seeschiffe werden rund 1,3 Millionen Kupferkonzentrat pro Jahr nach Brunsbüttel bringen. Der Rohstoff soll dort in einer neu zu bauenden Halle zwischengelagert, sortiert und auf Binnenschiffe umgeladen werden. 650 Mal im Jahr werden diese Schiffe den 60 Kilometer langen Weg nach Hamburg tuckern. In diese Lösung muss die Affi lediglich 30 anstatt 50 Millionen Euro investieren. Dafür spart sie jährlich vier bis fünf Millionen Euro an laufenden Kosten.

In Hamburg werden durch den Umzug rund 20 Arbeitsplätze bei den Logistikfirmen Buss und Eckelmann verloren gehen, die im Auftrag der Affi den Umschlag und Transport innerhalb des Hafens erledigten. „Das ist für unsere Firma überhaupt nicht komisch“, kommentiert Buss-Geschäftsführer Johann Killinger.

Die Hafenplanung sei zwar gut und richtig, den Unternehmen müssten jedoch konkrete und kalkulierbare Alternativen genannt werden. „Am Ende materialisiert sich hier das, wovor ich den Wirtschaftssenator seit drei Jahren warne“, schwant Killinger: Alle Firmen im mittleren Freihafen drohten ihr Geschäft zu verlieren, weil es ihnen an verlässlicher Planung fehle.