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: Fußball mit sechs Beinen

„In den Umfragen liegen wir deutlich zurück. Bis zum Abpfiff kann noch viel passieren, da können wir noch zwei Tore machen.“ (Franz Müntefering)

Am Sonntag war Florian Homm zu Besuch bei Sabine Christiansen und meckerte: Die derzeitige Bundesregierung sei „fett“ und gehöre weg. Sein Statement klang bekannt. Bevor der solvente Hüne ein mächtiges Paket BVB-Aktien erwarb, sprach er genauso über Borussia Dortmund. Was nun die Frage aufdrängt: Geht Homm auf Staatsanleihen? Will der Schafsbesitzer aus Palma nach der BVB-Spitze um Präsident Gerd Niebaum und Michael Meier die Bundesregierung austauschen?

Dass Fußball und Politik zusammen gehören, kann derzeit auch Franz Müntefering nicht verhehlen. Im Lagerwahlkampf geißelt der SPD-Vorsitzende Börsenspekulanten, die wie Plagegeister Firmen aufkauften, aussaugten und das Weite suchten. Natürlich spricht aus dem SPD-Boss die verkaufte schwarz-gelbe Seele. Wie sein Bundeskanzler und Verteidigungsminister ist Müntefering eingefleischter Anhänger der BV Borussia Dortmund 09. Bevor sich Homm und der Waffenhändler Saadettin Saran ihren Einfluss an dem Traditionsclub sicherten, war der BVB der allersozialdemokratischste aller Bundesligisten. Die Sozis schieben also Angst.

Aber was bleibt vom Fußball übrig, wenn er die Debatten um Kapitalismus genauso beherrscht wie das Börsenparkett und die Herzen der Sozialdemokratie?

4.5. Dortmund, 19 UhrDietrich-Keuning-Haus

Ein wenig Zukunft werden wir wiederum in Dortmund. Am Mittwoch freut sich die taz nrw gleich vier Herrschaften zu begrüßen, die für einen etwas anderen Fußball sprechen können – und zum Thema: „Flasche leer? Macht Fußball dumm, arm und Spaß?“, was leichten Herzens nur mit „Ja“ zu beantworten ist, werden die Diskutanten intensiv ausloten.

Zum Beispiel Reinhard Beck, der für das einzig Richtige steht, was Freunde des Dortmunder Fußballs in der wirtschaftlichen Not tun konnten: Sie begriffen die Krise als ihre Chance auf Mitsprache. Und jetzt ist die Stimme der Südtribüne lauter geworden beim börsennotierten Club. Das wird auch Johannes Stender begrüßen.

Stender ist zwar – hust – Fan des FCK aus der Pfalz, aber gleichwohl Mitglied im Bündnis Aktiver Fußballfans (BAFF), das sich seit elf Jahren mit dem Fußball aus Sicht der Betroffenen befasst. Mit schönen Erfolgen, wie der Verhinderung der kompletten Versitzplatzung des Bundesligafußballs. Aber auch Niederlagen, was die Kartenpolitik der Fifa-Weltmeisterschaft 2006 zeigen kann – wozu braucht es Fans, wenn es genug Sponsoren gibt?

Wie sich das Ganze unten auf dem Rasen anfühlt, weiß Yves Eigenrauch – aus eigener Erfahrung. Er war Schalkes Kult-Verteidiger, Uefa-Cup-Sieger, taz-Kolumnist, ist Grafiker. In der Schalke-Arena hat er erlebt, was passiert, wenn ein Verein zum Unterhaltungsveranstalter wird.

Und schließlich ist Otto Addo dabei, der seit sechs Jahren bei Borussia Dortmund spielt, Titel feierte, Verletzungen wegsteckte und sagen kann, wie es einfach immer weiter geht – mit Dortmund, Fußball und dem ganzen Rest. CHRISTOPH SCHURIAN