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Archiv-Artikel

Jungfernstieg in der Maske

Erste Teile können ausprobiert werden: überbreite Gehsteige, ein getarnter Radweg und eine verschiebbare Holzbank. Damit die Optik stimmt, spendiert Fielmann 40-jährige Linden

Von Gernot Knödler

Die Planungsidee, die hinter der Umgestaltung des Jungfernstiegs steckt, scheint zu funktionieren. Zwar konnte Andreas Mattner vom Verein Lebendiger Jungfernstieg gestern erst einen halbfertigen Abschnitt des neuen Boulevards eröffnen. Doch das Publikum hatte sich der neuen Anlagen bereits bemächtigt. Auf den Stufen, die künftig auf der ganzen Breite zur Alster hinunter führen werden, saßen Touristen mit dem Stadtplan auf dem Schoß oder einem Eis in der Hand. Einer zog sich gar die Schuhe aus und breitete ein Handtuch auf der sonnengewärmten Steinstufe aus.

Das Projekt „Boulevard Jungfernstieg“ ist auf Spenden angewiesen, und so nutzen Mattner und Co. jede Gelegenheit, um die Öffentlichkeit daran zu erinnern. 7,2 Millionen Euro sind für das 14 bis 16 Millionen Euro schwere Projekt bisher gespendet worden, der Löwenanteil von 5,5 Millionen von der Versandhausfamilie Otto. Der Brillenhändler Fielmann stiftet 47 Silberlinden für die Optik – jung erwachsene Bäume, zehn Meter hoch und 40 Jahre alt – auf dass Hamburgs Visitenkarte nicht wie eine frisch bepflanzte Neubausiedlung wirke.

Die ersten Bäume stehen in einem Schachbrettmuster auf der Nordseite der Straße. Die Fahrbahn wurde verschmälert, die Gehsteige auf beiden Seiten verbreitert und mit großen, glatten, grauen Platten belegt. Wer vor dem Alsterhaus entlangflaniert, hat jetzt Platz: Er muss nicht mehr ständig anderen Passanten ausweichen oder fürchten, angerempelt zu werden. Der Zweirichtungsradweg auf der Alsterseite ist erhalten geblieben. Allerdings trennt ihn lediglich eine dunkle Linie vom Gehsteig. Der ADFC hat prognostiziert, dass sich Fußgänger und Radler hier ins Gehege kommen werden. Der Praxistest hat begonnen.

Damit man sich auf den Stufen, die zur Alster führen, auch setzen kann, wenn es kühl ist, werden sie mit 63 verschiebbaren Holzbänken versehen. Bei Bedarf können sie zur Bestuhlung eines kleinen Theaters zusammengeschoben werden. Unterhalb des Alex-Pavillons ist ein Musterexemplar angeschraubt, das jetzt den Witterungs- und Vandalismus-Test bestehen muss. 2.000 Euro kostet das Stück. Für 45 davon haben sich bereits Spender gefunden.

In den nächsten Wochen soll die endgültige Gestalt des neuen Pavillons an der Ostseite und des neuen U-Bahn-Eingangs festgelegt werden. Die offizielle Eröffnung des Boulevards ist für den 20. Mai 2006 geplant.