: Kaufhaus statt Kunst
Sonderausschuss des Bezirks stellt Pläne für Ikea-Ansiedlung in Altona vor. Anwohner kündigen Protest an und schlagen alternative Nutzungsmöglichkeiten vor
Für zehn Millionen Euro kaufte Ikea das frühere Frappant Gebäude.
■ Die Nutzfläche des neuen Möbelhauses soll 20.000 Quadratmeter groß sein.
■ In sieben Stockwerken werden drei Einkaufsetagen und vier Parkdecks entstehen.
■ Ein Architekten-Wettbewerb für die Gestaltung der Außenfassade wurde aus Zeitgründen vom Bezirk nicht eingeplant.
■ Die Eröffnung ist frühestens für 2012 geplant.
VON OLE MASCH
In Altona regt sich Widerstand gegen die geplante Ansiedlung einer Ikea-Filiale auf dem Gelände des ehemaligen Frappant-Gebäudes. Heute wollen Gegner des Möbelhauses mit verschiedenen Aktionen ab neun Uhr in der Großen Bergstraße über ihre Anliegen informieren.
Am Mittwoch sind auf einer Sitzung des Sonderausschusses der Bezirksversammlung erste Pläne zur geplanten Ikea-Ansiedlung in der Großen Bergstraße vorgelegt worden. Der Konzern hatte das Areal kürzlich für 10 Millionen Euro gekauft, um seine weltweit erste innerstädtische Filiale mit Vollsortiment zu errichten. Der Sonderausschuss hatte sich auf Bestreben der Bezirksfraktionen gegründet, um das Bauvorhaben möglichst schnell zu verwirklichen.
„Ich hoffe, dass jetzt jedem einleuchtet, dass es mit Ikea eine Aufwertung des Stadtteils gibt“, sagte Eva Botzenhardt von der GAL nach der Sitzung. „Dazu gehöre jedoch auch ein schlüssiges Verkehrskonzept.“ Ein von Ikea eingereichtes Gutachten wird gerade vom Bezirk geprüft. Mit Ausnahme der Fraktion der Linken sprachen sich alle Parteien für eine schnelle Umsetzung des Bauvorhabens aus.
Der außerparlamentarische Widerstand versammelte sich am Tag nach der ersten Sitzung des Sonderausschusses in der Blinzelbar im Erdgeschoss des Frappant. Rund 50 Anwohner, Gewerbetreibende und Künstler kamen zu dem offenen Treffen, um ihren Protest zu organisieren. Sie befürchten, dass durch die Ansiedlung des Möbelhauses zuerst die Mieten für benachbarte Gewerbeflächen und dann die der Anwohner steigen. Die angestammte Bewohnerschaft würde verdrängt und der Stadtteil somit „gentrifiziert“.
Im ehemaligen Frappant-Gebäude werkeln mehr als 170 Künstler. In den Etagen des seit 20 Jahren leer stehenden Hochhaustraktes wurden Werkstätten, Arbeitsräume und Ateliers installiert. Als letzte sind im Mai die Blinzelbar, ein Schneideratelier für Modedesign und textile Objekte sowie ein weiteres Atelier dazu gekommen.
Welche Gegenentwürfe es neben der jetzigen Nutzung geben könnte, wurde auf dem Treffen diskutiert. Der Verein „Lebendiges Altona“ plant die Gründung einer Sozial-, Kultur- und Wohngenossenschaft. Anstelle einer Ikea-Filiale sollten billige und familiengerechte Wohnungen gebaut werden. Des weiteren könnten alternative und ökologische Wohnprojekte gefördert und zusätzliche Räume für Kunst und Kultur geschaffen werden.
Eine weitere Möglichkeit, den Bau der Ikea-Filiale in der Großen Bergstraße zu stoppen, sehen die Beteiligten in einem Bürgerbegehren. Hierzu wären im Bezirk Altona rund 2.600 Stimmen nötig, um den Abriss des Gebäudes vorerst auf Eis zu legen. Nach Abgabe von einem Drittel dieser Unterschriften dürfte die Bezirksverwaltung drei Monate lang keine dem Bürgerbegehren entgegen stehende Entscheidung treffen – also nicht mit dem Abriss des Frappant-Gebäudes beginnen.
Wie der schwedische Möbelkonzern auf den Protest reagieren wird, ist unklar. Bis Ende Dezember kann das Unternehmen von dem kürzlich getätigten Kauf zurücktreten. „Es gehöre zur Grundphilosophie von Ikea, dass man mit allen Betroffenen spricht“, sagte Kai Hartmann von Ikea Deutschland der taz.