LESERINNENBRIEFE :
Probleme existenzieller Art
■ betr.: „Frauen auf die Chefredakteurs-Stühle“, taz vom 28. 2. 12
350 Journalistinnen fordern eine „Frauenquote in den Chefetagen von Verlagen und Sendern“. Wieder so eine Frage, die an den aktuell real existierenden Problemen von JournalistInnen und MedienarbeiterInnen vorbeigeht. Die sind nämlich zunehmend existenzieller Art. Einsparungen, Honorarkürzungen, Auftragsreduzierungen, Abschaffung von Sendungen wie beim WDR. Eine Frau auf einem Führungsposten ist nicht per se gut und bringt auch Medienfrauen nicht per se etwas.
Das sieht man zurzeit zum Beispiel beim WDR und RBB, wo es zwei Intendantinnen gibt. Wie wäre es mit einem Anforderungsprofil inhaltlicher, journalistischer, demokratischer, sozialer Art zum Beispiel. Auch in diesen Sendern werden Sendeplätze reduziert, Reisekosten nicht (mehr) bezahlt, Arbeitsmöglichkeiten beschnitten und ein Klima der Einschüchterung und Verunsicherung geschaffen.
Beim WDR entwickelt sich gerade eine fundamentale Auseinandersetzung um die Zukunft der Kulturwelle WDR 3. Frauen & Männer, Festangestellte & Freie kämpfen gegen die Pläne der Intendantin und des Hörfunkdirektors, Sendungen abzuschaffen und das Radio stromlinienförmig zu machen. Am Wochenende erhielt Monika Piel einen offenen Brief, der mittlerweile von weit über 3.000 Menschen aus überall in Deutschland unterstützt wird: Von JournalistInnen, SchriftstellerInnen, SchauspielerInnen, KünstlerInnen, MusikerInnen oder auch „nur“ HörerInnen. Das Ganze kann verfolgt werden unter www.die-radioretter.de.
Darüber hat die taz bisher nicht berichtet. Stattdessen über: „Frauen in DAX-Vorstände“, „Frau als Präsident“, „Frauen auf Chefredakteurssessel“. Man hat den Eindruck, mit diesen undifferenzierten Formeln wird von den tatsächlichen Problemen, die auch Frauen in den Medien haben und die sie mit den Männern gemein haben, abgelenkt. THOMAS MOSER, Berlin
Soll uns das beruhigen?
■ betr.: „Die Propaganda der Republikaner wirkt“, „Ein Totalschaden muss nicht das Ziel sein“, taz vom 28. 2. 12
„Ein Totalschaden muss nicht das Ziel sein“, meint Israels Verteidigungsexperte Saki Schalom zum Thema „Iran“. Nur ein bisschen Krieg also, kein „totaler“. Soll uns das beruhigen? Gleichzeitig rechnet der Verteidigungsexperte konkret zwischen April und Juli mit einem israelischen Militärschlag gegen Iran. Schrillen da nicht alle Alarmglocken, weltweit? Vor allem, wenn es auf derselben Seite heißt, 58 Prozent der Amerikaner befürworten ein militärisches Vorgehen gegen den Iran. Stehen die damit noch auf dem Boden der Menschenrechte und des Völkerrechts? Seit Jahren werden von der „Weltgemeinschaft“ Resolutionen verabschiedet und Sanktionen gegen andere Länder verhängt: Afghanistan, Irak, Libyen … Auf Grund von diffamierenden Beschuldigungen oder gar gefakten „Nachweisen“ wurden diese Länder mit Kriegen überzogen. Gleichzeitig können sich Länder wie Israel und USA öffentlich zur Planung und Vorbereitung von kriegerischen Handlungen („Präventivschlägen“) bekennen. Wieso reagiert die Weltgemeinschaft darauf nicht mit Kontrollen, Resolutionen und Sanktionen? Ist denn der systematische Abbau von Menschenrechten und Völkerrecht kein „Totalschaden“? MARGRET BONIN, Bad Segeberg
Wie ernst nimmt Israel die UNO?
■ betr.: „Kriegsgefahr wächst“ u.a., taz vom 28. 2. 12
Es ist schon interessant, wenn Saki Schalom sagt: „Davon abgesehen sind internationale Verurteilungen für Israel nichts Neues“; eine Aussage die sehr salopp umschreibt, wie ernst Israel die UNO nimmt, wenn es um die eigenen Interessen geht. Vom Iran aber wird natürlich verlangt, Kontrolleure ins Land zu lassen und zu beweisen, dass das Atomprogramm rein ziviler Natur ist. Warum eigentlich? Wer hat eigentlich das Recht, zu bestimmen, welches Land Atomwaffen produzieren und besitzen darf und welches nicht? Das Atomprogramm Israels war jahrzehntelang geheim und es ist doch verständlich, wenn sich der Iran fragt, warum die dürfen und wir nicht. Susanne Knaul fragt weiter: „Was passiert, wenn Iran Atomstaat wird, welchen Preis wird Israel dann bezahlen müssen.“ Eine Interessante Frage, die ganz offen und zu Ende gedacht werden sollte: Wäre es wirklich so schlimm, wenn der Iran zur Atom-Macht aufsteigt? Es könnte doch sein, dass dies zur Stabilität in der Region beiträgt, schließlich hat das System der gegenseitigen atomaren Abschreckung zur Zeit des Kalten Krieges ja auch funktioniert. MATTHIAS BACKES, Berlin
Erfolg belastet große Erzeuger
■ betr.: „Kürzungen bei der Energiewende“, „Davon geht die Sonne nicht unter“, taz vom 1. 3. 12
Gegen eine ausgewogene Berichterstattung ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Sicher „kostet“ die Energiewende – hier Solarförderung – Geld. Ob sie tatsächlich mittelfristig den Verbraucher belastet, ist allerdings fraglich. Sicher belastet der Erfolg aller dezentralen Erzeuger die Markt- und Machtposition der großen Erzeuger. Genau darauf zielt aber das neue Gesetz: Ausbremsung der dezentralen Solarenergie zum Schutz der zentralen Erzeuger. Das aber genau ist die Energiewende bzw. ihre Verhinderung. Es muss schließlich ein Druck entstehen, die Netzstruktur so anzupassen, dass „nicht kontinuierliche“ Erzeuger wie Sonne und Wind optimal integriert werden können. Die Frage lautet also: Warum soll der Zubau von PV reduziert werden, wenn sich Neuanlagen praktisch nicht mehr negativ auf den Strompreis auswirken? STEFAN BENCKERT, Berlin