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wie geht es uns, herr küppersbusch?Zensur oder Pornoverbote, Wehrdienst, Trümmerhaufen und Zuckerschlecken, Merz’ Rentenalter, und Söder sagt auch mal was Richtiges

Foto: privat

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in dieser Woche?

Friedrich Küppersbusch: Jetzt muss man schon Markus Söder unterstützen.

taz: Und was wird besser in der nächsten?

Küppersbusch:Weimar darf uns nicht passieren“ ist halt einfach okay.

taz: Rente mit 70, Aktivrente und wenn es wirklich nach der CDU geht, am besten eigentlich gar keine Rente mehr. Setzt die CDU darauf, dass wir freiwillig von allen Rentenansprüchen zurücktreten?

Küppersbusch: Die gute Nachricht: Es gibt keine Union. Die CSU will mit der Mütterrente prahlen, das kostet an die 5 Milliarden Euro. Und versteckt sich ansonsten hinter den schmächtigen Schultern der SPD, weil beide auf Seniorenwähler angewiesen sind. Das ist die CDU auch, will zugleich jedoch Unternehmerpartei bleiben, die den Arbeitgeberanteil schont und senkt. Alles wie immer, so mögen es alte Leute.

Hinzu kommt diesmal eine Fraktionsführung, die bei Kanzlerwahl, Verfassungsrichterwahl, Wehrpflicht und nun Rente hinter Vereinbarungen zurückfällt und rätseln lässt, ob sie nicht am liebsten Friedrich Merz, 70, berenten will. Der möchte ein 3-Säulen-Modell aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge und leitet gerade die ungefähr einzige Koalition, die so einen Kraftakt hinbekäme. Hab ich „leitet“ geschrieben? Mein Gott. Das Alter.

taz: Die Bundeswehr wirbt mit „Weil jetzt We-time ist“. Ab demnächst sollen alle Jungs gemustert werden. Endlich wieder Wir-Gefühl in Deutschland?

Küppersbusch: Drollig: Das CDU-Programm, der ehedem sozialdemokratische Bundespräsident und nun auch führende Grüne fordern Versionen eines „sozialen Pflichtjahres“ für alle. Damit zeichnet sich eine verfassungsändernde Mehrheit ab, die nötig wäre, die alte Wehrpflicht entsprechend zu modernisieren, und auch Frauen einzubeziehen.

Die Frage, ob sich genug RekrutInnen für die Armee finden, wäre dann wahrscheinlichst beantwortet: Alle, die keinen Bock auf Zivildienst haben. Ja, ich habe Zivildienst gemacht und das als große Bereicherung empfunden – nein, meine Kinder konnte ich nicht dafür gewinnen, eben weil es zu ihrer Zeit freiwillig war. Denn: Das „Wir-Gefühl“ entsteht oft erst durch den gemeinsamen Dienst, vorher findet man es doof und hinterher will man die anderen auch leiden sehen. Natürlich können weder Bund noch Zivilsektor aus dem Stand 700.000 junge Menschen pro Jahrgang gebrauchen. Doch bleibt es bei der Splitterlösung, hat man einen guten Weg gefunden, jedes „Wir-Gefühl“ zu zerstören.

taz: Sahra Wagenknecht ist nicht mehr Chefin des BSW. Prompt treten vier Brandenburger BSW-Abgeordnete aus der Partei aus. Ist der Medienstaatsvertrag, über den in Brandenburg diese Woche abgestimmt werden soll, schuld?

Das Wir-Gefühl entsteht oft erst durch den gemeinsamen Dienst, vorher findet man es doof und hinterher will man die anderen auch leiden sehen

Küppersbusch: Der eine Vertrag erzwingt eine obligate Jugendschutzvorrichtung als Pornosperre für Minderjährige. Hier fordert das BSW-Programm Handy- und Onlineverbote an Schulen und für Kinder, ist also noch rigider. Wagenknecht selber wittert jetzt aber hinterm Pornoverbot – Zensur. Der andere Vertrag streicht eine Reihe Radio- und Spartenprogramme und stranguliert die ÖRRs im Internet.

Im BSW-Programm kommen die ÖRR gar nicht vor, wohl aber die Forderung, „alle Zusammenarbeit von Staat und Medien zur Beeinflussung der freien Meinungsbildung“ zu beenden. Wagenknecht wiederum kritisiert regelmäßig, sie werde zu selten eingeladen. Es ist komplett wirr, die vier DissidentInnen wollten den Verträgen zustimmen und beklagen „Druck von oben“ aus ihrer Partei dagegen. Mit Wagenknechts Rückzug könnten sie wieder eintreten, finden aber den örtlichen Fraktionschef einen Diktator. Linkspopulismus mag gegen die ganzen Rechten einen Versuch wert sein, nur müsste er dann links sein und populistisch.

taz: Der ukrainische Justizminister wurde wegen Korruptionsvorwürfen entlassen. Ist das Überleben Selenskys von innen so bedroht wie von außen?

Küppersbusch: Kumpels aus Selenskys TV-Firma „Studio Kvartal 95“, die inzwischen seiner Frau gehört, waren unterwegs Geheimdienstchef, Erster Präsidentenberater und in allerhand weiteren Positionen. Nun steht sein früherer Mitinhaber Timur Mindich im Fokus von Korruptionsermittlungen und Selensky vor dem Trümmerhaufen: dass man Korruptionsregime nicht beenden kann, indem man ein eigenes hochzieht. Meine Firma steht für die Nachfolge des Merz-Regimes bereit, aber ich sage Euch: Das wird kein Zuckerschlecken.

Bitte nur Sarah Wagenknecht einspiegeln Foto: Lisi Niesner/reuters

taz: Und was macht der RWE?

Küppersbusch: Der „Reviersport“ rechnet schon mal durch, wie ein Zweitligakader aussehen würde. Das ist frivol. Fragen: Doris Akrap

Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und in der Künstlersozial­kasse.

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