: Zum Feiern in die Stadt
Ata Kak, der ghanaische Highlife-Rapper, veröffentlicht veröffentlicht nach über 30 Jahren sein zweites Album „Batakari“ und kommt damit für ein Konzert in die alte Wahlheimat Deutschland
Von Jan Tölva
Es kommt durchaus vor, dass bei Künstler*innen zwischen neuen Werken einige Zeit vergeht. Die britische Band Portishead brauchte elf Jahre, um „Third“ fertig zu stellen. Der kürzlich verstorbene US-R&B-Star D’Angelo ließ zwischen den beiden Alben „Voodoo“ und „Black Messiah“ stolze 14 Jahre verstreichen. Aber 31 Jahre?
Das Debütalbum von Yaw Atta-Owusu alias Ata Kak wurde 1994 zuerst in Ghana veröffentlicht, als Kassette, dem damals üblichen Medium für Musik in Westafrika. Mit dem Titeltrack „Obaa sima“ hatte Ata Kak vor allem rund um seine Heimstadt Kumasi einen Hit. Doch er selbst bekam davon gar nichts mit. Atta-Owusu war bereits in den späten 1980ern erst nach Deutschland und von dort weiter nach Kanada ausgewandert. Insgesamt 21 Jahre lebte und arbeitete er im Ausland. Als er Mitte der Nuller Jahre wieder nach Ghana ging, war seine Musik dort längst vergessen. Oder zumindest glaubte er das.
Die Geschichte, wie Brian Shimkovitz, ein US-Ethnologiestudent, die Kassette von Ata Kak 2002 auf einem Markt in Accra gefunden hat, ist inzwischen zu einer Art modernem Märchen worden. Zuerst schilderte Shimkovitz sie auf seinem Blog „Awesome Tapes From Africa“: Mehr als zehn Jahre suchte er Ata Kak, bis er ihn endlich ausfindig machen konnte. Das gelang auch nur, weil eine ghanaisch-kanadische Verkäuferin in einem Geschäft in Toronto jemanden kannte, der jemanden kannte. Die Detektivstory hat ihre Faszination bewahrt.
2015 wurde „Obaa Sima“ dann auf Awesome Tapes From Africa, dem Label, das Shimkovitz inzwischen aus dem Blog gemacht hatte, wiederveröffentlicht. Das Album schlug sofort ein. Über zehntausend Mal wurde allein das Vinyl bis heute verkauft. In Zeiten von Streamingdiensten ein Glücksgriff. Medien überboten sich mit Lobeshymnen und es folgten Tourneen über die halbe Welt. Nur eines fehlte: neue Musik von Ata Kak. Bis jetzt.
Denn mit „Batakari“ erscheint dieser Tage endlich sein zweites Album. „Ich habe schon 2021 angefangen, neue Musik zu komponieren“, erzählt der Musiker. Dass es trotzdem noch dauerte, bis aus den Skizzen ein ganzes Album wurde, hat etwas damit zu tun, wie die Musik entstanden ist. „Mein Debütalbum habe ich zu Hause aufgenommen. Diesmal mit einem Produzenten im Studio.“ Aufgenommen wurde „Batakari“ in Kumasi, nicht in Toronto. „Obaa sima“, das war das Werk eines Arbeitsmigranten, der in der Diaspora nach der Musik seiner Heimat suchte. Angefangen bei den Texten auf Twi über Anleihen bei Highlife, der charakteristischen Popmusik Ghanas, bis hin zu spezifischen Rhythmen der Ashanti, zu denen auch Ata Kak gehört.
„Batakari“ hingegen ist das Album eines Geerdeten. Ata Kak ist zurück in Kumasi, aber hat es sich auch in seiner Musik eingerichtet. Der Sound ist derselbe wie vor 31 Jahren, nur um ein Vielfaches ausgefeilter. So hört man diesmal unter anderem weibliche Backingvocals und auch die Seperewa, eine Art Harfe, die vor allem bei den Ashanti gespielt wird. „Ich will, dass Menschen meine Musik hören und sofort sagen: ‚Ah, das ist Ata Kak!‘“, sagt der inzwischen 65-Jährige. Natürlich hat Kak auch aktuelle afrikanische Exportschlager wie Amapiano und Afrobeats gehört. Aber eins stellt er klar: „Ich kopiere niemanden. Wenn schon, dann sollen die Jungen mich kopieren.“
Ata Kak liefert in erster Linie Tanzmusik. Sie basiert vor allem auf Rhythmus. „In Europa lernen die Kinder meist zuerst Gitarre oder Klavi“, sagt er. „In Afrika ist und bleibt das wichtigste Instrument die Trommel.“ Einst war Ata Kak Schlagzeuger in Highlife- und Reggaebands. Das Gefühl für den richtigen Beat und die passende Phrasierung ist geblieben. „Die meisten Menschen verstehen meine Texte nicht. Daher muss ich sie zuerst mit dem Rhythmus meiner Stimme erreichen“, erklärt er.
Bei keinem Song des neuen Albums gelingt ihm das besser als mit „Yasi Town“, dem heimlichen Hit. Dabei ist Yasi Town gar kein Ort, erzählt Ata Kak. „Es ist meine Art zu sagen, lasst uns in die Stadt gehen und feiern.“ Ob in Ghana, Kanada, oder Europa, überall sind Feiern und Tanzabende der Jugend vorbehalten. Anders bei Ata Kak: „Egal, ob du graue Haare hast oder Falten dein Gesicht zerfurchen, es gibt keinen Grund, sich in den eigenen vier Wänden einsperren zu lassen.“ Er selbst und seine welthaltige Musik sind der beste Beweis dafür.
Ata Kak: „Batakari“ (Awesome Tapes From Africa/Cargo): Konzert: 11. November, „Neue Zukunft“, Berlin
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