Ökostromer mit Zuwachs

Die Preise sind längst wettbewerbsfähig. Das Unternehmen Lichtblick steht bereits auf Platz 49 unter 900 deutschen Versorgern. Strom aus Erneuerbaren ist teils billiger als konventioneller Strom

VON BERNWARD JANZING

Offensichtlich ist den meisten Deutschen ihre Stromrechnung reichlich egal. Andernfalls würden sie scharenweise ihre Versorgungsverträge bei den etablierten Konzernen kündigen. Zum Beispiel liegt der allgemeine Haushaltstarif des Stromversorgers Energie Baden-Württemberg (EnBW) sowohl im Grundpreis als auch im Kilowattstundenpreis inzwischen höher als das Angebot des Hamburger Ökostromanbieters Lichtblick. Auch der Strom der Schönauer Stromrebellen ist – außer für Großverbraucher unter den Haushalten – längst günstiger als das EnBW-Angebot.

Atomstromfreie Energie beziehen und gleichzeitig Geld sparen – das geht immer besser, nachdem die konventionellen Anbieter ihre Preise in der Vergangenheit mehrfach angehoben haben. Zwar mussten häufig auch die Ökostromanbieter die Preise erhöhen, doch im Rahmen mehrfacher Preisrunden hat sich in vielen Fällen die Relation zugunsten der Ökostromer verschoben.

Entsprechend gehen die Kundenzahlen bei den meisten Ökostromanbietern stetig nach oben. Lichtblick versorgt inzwischen rund 155.000 private Kunden und verkauft nochmals die doppelte Strommenge an Kommunen und Gewerbe. Mit einem Jahresabsatz von 1,3 Milliarden Kilowattstunden steht Lichtblick unter rund 900 Stromanbietern in Deutschland inzwischen an 49. Stelle.

Die „Stromrebellen“ aus Schönau im Schwarzwald – unbestritten der deutsche Ökostromer mit der spannendsten Firmengeschichte – sind unterdessen bei 30.000 Kunden angelangt. Auch zahlreiche Gewerbekunden beziehen inzwischen die „Rebellenkraft“ aus Südbaden. So werden die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) in diesem Jahr etwa 145 Millionen Kilowattstunden Ökostrom verkaufen. Den Bau von 482 Solaranlagen, 175 Blockheizkraftwerken, 35 Biogasanlagen, drei Wasserkraft- und zwei Windkraftanlagen haben die EWS-Kunden mit ihrem Stromeinkauf bereits in ganz Deutschland gefördert. Jetzt steht das erste Projekt im Ausland an: Mit Unterstützung der EWS wird in einem indischen Dorf eine solare Stromversorgung aufgebaut.

Greenpeace energy in Hamburg wird als weiterer namhafter Stromanbieter noch in diesem Monat die Zahl von 25.000 Kunden erreichen. Darunter sind auch über 1.000 Geschäftskunden, vorwiegend aus dem Kleingewerbe. Das Unternehmen rechnet für dieses Jahr mit einem Absatz von 90 bis 100 Millionen Kilowattstunden. Man spricht von einem „starken Wachstum“ der Kundenzahlen in jüngster Zeit, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass Greenpeace energy bereits im dritten Jahr in Folge den Preis stabil hält.

Der Vierte unter den unabhängigen, bundesweiten Ökostromanbietern ist die Naturstrom AG in Düsseldorf, die inzwischen 11.500 Kunden beliefert. Überwiegend handelt es sich dabei um Privatkunden, deren gesamte Nachfrage sich in diesem Jahr auf rund 30 Millionen Kilowattstunden beläuft.

Ihre Zukunft sehen die Unternehmen durchweg optimistisch. Denn die Ökostromanbieter verzeichnen regelmäßig steigende Neukundenzahlen, sobald die ehemaligen Monopolisten ihre Preise erhöhen. Zwar müssen die Verkäufer sauberen Stroms häufig mitziehen (schließlich sind auch sie vom allgemeinen Strompreisniveau nicht abgekoppelt), aber trotzdem wirken die Preiserhöhungen in der Regel positiv auf das Ökostromgeschäft: „Dann beginnen die Menschen wieder stärker, sich mit dem Thema Strom zu beschäftigen“, sagt ein Sprecher der Naturstrom AG, „und immer wenn über Strom gesprochen wird, beflügelt das den Stromwechsel.“

Dass die Preise am Strommarkt weiter steigen, gilt als sicher. Bei Lichtblick geht man davon aus, dass die etablierten Anbieter bereits im nächsten Jahr wieder kräftige Preisaufschläge beschließen werden: „Weil mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz die Preisgenehmigung durch die Länder wegfällt, werden viele Anbieter die neue Freiheit zu Erhöhungen nutzen“, prophezeit ein Sprecher des Unternehmens. Die Exmonopolisten kalkulierten dabei zwar eine gewisse Rate an Anbieterwechslern ein. Weil die überwiegende Mehrzahl der Kunden aber zu träge zum Wechseln sei, könnten die alteingesessenen Anbieter mit Preisaufschlägen ihren Gewinn dennoch erhöhen. Für die Ökostromverkäufer, so erwartet daher Lichtblick, wird sich mit der nächsten Preisrunde die Wettbewerbsposition nochmals verbessern.