Lokführer lernen das Sparen

Durch Schulung ihrer Lokführer will die Deutsche Bahn in diesem Jahr 10 Prozent Energie sparen. Jährliche Energiekosten in dreistelliger Millionenhöhe belasten das Unternehmen. Strommix mit hohem Kohleanteil muss noch verbessert werden

VON BERNWARD JANZING

Die Deutsche Bahn will ihren Energieverbrauch durch Schulungen der Lokführer in diesem Jahr um 10 Prozent gegenüber 2002 senken. Ähnlich wie beim Auto lässt sich auch beim Zug viel Energie durch clevere Fahrweise sparen. Die Unterschiede im Verbrauch sind je nach Fahrweise enorm: „Manche Lokführer liegen 20 Prozent über dem Durchschnitt, andere 20 Prozent darunter“, so Heinrich Strößenreuther, Projektleiter Energiesparen bei der Bahn.

Daher wurden in den vergangenen drei Jahren alle Fahrer des Personenverkehrs in der Theorie des Energie sparenden Fahrens geschult. Dann ging’s auf einen Fahrsimulator, der auch die Verbrauchszahlen erfasst, um im Rahmen einer „Energiespar-Olympiade“ die sparsamsten unter den 14.000 Fahrern zu ermitteln. Sowohl für die Elektroloks als auch für Dieselantriebe wurde die Schulung angeboten. „Ein solches Projekt gibt es bei keiner anderen Bahn der Welt“, sagt Strößenreuther.

Parallel wurden die Loks mit Verbrauchsanzeigen ausgestattet. Seither hat sich unter den Fahrern der Deutschen Bahn ein sportlicher Ehrgeiz entwickelt – längst ist die persönliche Energiebilanz unter den Kollegen zum ständigen Thema geworden. Auf manchen Strecken mühen sich die Lokführer bereits um den jeweiligen Streckenrekord. Und auch darum, wer den Zug vor dem nächsten Bahnhof am längsten ausrollen lassen kann, ist ein Wettbewerb entbrannt – der Rekord mit einem ICE liege bei 70 Kilometern.

Der Druck zur Effizienz wird auch durch die Verpflichtungen nach dem Kioto-Protokoll verschärft. Zwar ist die Bahn als Verkehrsmittel nicht unmittelbar vom Emissionshandel betroffen, doch weil 90 Prozent der Züge der Deutschen Bahn heute elektrisch angetrieben werden, schlagen die Kosten der Stromerzeugung auch auf die Bahn durch. Mit einem zweistelligen Millionenbetrag werde das Klimaschutzinstrument die Bahn treffen, heißt es im Unternehmen.

Also will man alle Möglichkeiten des Energiesparens ausschöpfen. Am besten gelingt das, wenn der Zug gut in der Zeit ist, und die mögliche Höchstgeschwindigkeit nicht auf allen Streckenabschnitten ausgefahren werden muss. Dann kann der Zug frühzeitig ausrollen: „Eine Minute Fahrzeitreserve ermöglicht im Fernverkehr Energieeinsparungen von bis zu 7 Prozent“, rechnet Bahnexperte Strößenreuther vor. „Im Nahverkehr ist die gleiche Einsparung oft schon bei einer Zeitreserve von nur zehn Sekunden möglich.“

Ein großer Schritt in Richtung 10 Prozent Minderverbrauch ist schon geschafft: In den vergangenen Monaten habe man bereits 7 Prozent Einsparung erzielen können, heißt es derzeit in der Bahnzentrale. Finanziell lohnt sich das zweifellos. Bei jährlichen Energiekosten der Bahn im hohen dreistelligen Millionenbereich kommt schnell einiges zusammen. So wurden seit dem Start des Projektes bereits 23 Millionen Euro an Energiekosten eingespart.

Inzwischen liegt der ICE-3, das neueste Modell der Hochgeschwindigkeitsflotte, nach Angaben der Deutschen Bahn bereits bei einem Verbrauch von umgerechnet 2,3 Liter Sprit pro Kopf auf 100 Kilometer, gemessen an den realen Fahrgastzahlen. Der gesamte Flottenverbrauch im Fernverkehr liege bei 2,8 bis 2,9 Liter; er soll in Zukunft bis auf 2,4 Liter gesenkt werden. Die niedrigsten Verbräuche sind allerdings im Nahverkehr möglich: Die S-Bahn der Baureihe 423 kommt pro Fahrgast bereits auf nur noch 0,7 Liter je 100 Kilometer – was auch der hohen Auslastung zu verdanken ist.

Verbesserungsbedarf hat die Bahn jedoch noch bei der Bereitstellung ihres Strommixes. Zwar liegt sie mit einem Anteil erneuerbarer Energien von 11 Prozent (Zahlen von 2003) etwas über dem deutschen Mittelwert, doch mit 18 Prozent Braunkohle und 35 Prozent Steinkohle ist der Anteil an klimaschädlicher Kohle überdurchschnittlich. Der Beitrag der Atomenergie liegt mit 23 Prozent knapp unter dem bundesweiten Durchschnitt von 28 Prozent. Aber auch bei der Deutschen Bahn geht der Weg fort von der Atomkraft: Der Anteil von 18 Prozent, den das Unternehmen noch vor wenigen Jahren an der Betreibergesellschaft des Atomkraftwerks Neckarwestheim hielt, wurde auf unter 1 Prozent reduziert.