: Sachsen packt Studenten
UNI-KAMPAGNE Sachsen sucht in Hamburg nach Studenten. Die Wissenschaftsbehörde begrüßt das Abwerben, um damit den doppelten Abi-Jahrgang 2010 abzufangen
VON UTA GENSICHEN
Das Bundesland Sachsen geht derzeit in Hamburg gezielt auf Studentenfang. Seit Montag läuft in der Hansestadt die Kampagne „Pack dein Studium. Am besten in Sachsen“. In den kommenden Wochen will das sächsische Wissenschaftsministerium außerdem Infopakete an alle Hamburger Gymnasien verschicken.
Bislang waren Sachsens 15 Universitäten bei den Hamburgern nicht sehr begehrt. Im Wintersemester 2008/09 kamen gerade einmal 0,3 Prozent aller Studenten in Sachsen aus Hamburg. Dabei hat ein Studium in Leipzig, Dresden oder Chemnitz durchaus Vorteile. Billiges Wohnen, gute Betreuung und keine Studiengebühren – damit will das saächsische Wissenschaftsministerium junge Leute aus den alten Bundesländern in die Hörsäle locken.
„Es geht nicht darum, den Hochschulen die Studenten wegzunehmen“, sagt deren Sprecherin Eileen Mägel. Ziel sei es vielmehr, jedem Abiturienten einen Studienplatz anbieten zu können.Und von denen hat Sachsen mehr als dem Land lieb ist. „Wir sind in einem demografischen Tal“, sagt Mägel. Allein in diesem Schuljahr gebe es 2.000 Abiturienten weniger als im vergangenen Jahr. Bis 2015 prognostiziert der Freistaat sogar eine Halbierung. Ganz anders in Hamburg: Wegen des doppelten Abitur-Jahrgangs machen hier 2010 über 12.000 Schüler ihren Abschluss. Das sind fast doppelt so viele wie in diesem Jahr. Überraschend kommt das für den Hamburger Senat nicht. Trotzdem steht der wachsenden Zahl der Schulabgänger eine gleichbleibend hohe Zahl an Studiumsplätzen gegenüber. Die Abwerbekampagne aus Sachsen kommt der Wissenschaftsbehörde daher gelegen. „Dadurch wird der doppelte Abi-Jahrgang abgefangen“, sagt Sprecher Timo Friedrichs.
In einem persönlichen Gespräch habe die Hamburger Senatorin Herlind Gundelach (CDU) das Vorhaben ihrer sächsischen Kollegin Eva-Maria Stange (SPD) sogar begrüßt. Angst, dass Studenten aus Hamburg langfristig weggelockt werden könnten, hat der Friedrichs nicht. „Wir waren schon immer ein Nehmer-Land und hatten noch nie Probleme damit, unsere Studienplätze vollzukriegen“, sagt er.
Unmut regt sich dagegen in der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Den Abgeordneten Ties Rabe stört jedoch nicht das Werben der Sachsen um Studenten. „Sie haben es verstanden, dass Studenten für ein Bundesland keine Last, sondern ein Vorteil sind“, sagt er. Rabe kritisiert die Reaktion der Hamburger Regierung auf den doppelten Abi-Jahrgang. „Die Kampagne der Sachsen allein löst die Hamburger Probleme nicht“, sagt er. Im Juli hatte seine Fraktion vom Senat 2.000 zusätzliche Studienplätze für das Wintersemester 2010/11 gefordert. Passiert sei seitdem nichts.
Sachsen kann davon nur profitieren. Obwohl die Aktion erst seit zwei Tagen läuft, habe es schon erste Anfragen aus Hamburg gegeben, sagt Eileen Mägel. So viel Interesse braucht das Land denn auch dringend. Im Hochschulpakt hat sich Sachsen verpflichtet, bis 2010 die Zahl seiner Plätze für Studienanfänger konstant bei rund 20.000 zu halten. Verfehlt der Freistaat dieses Ziel, entgehen ihm rund 27 Millionen Euro vom Bund.