Deal zwischen FC Bayern und Emirates: „Ein Tanz mit dem Teufel“
Der FC Bayern geht eine Partnerschaft mit der Fluggesellschaft Emirates ein. Rechtsanwalt, Fan und Vereinsmitglied Michael Ott kritisiert das scharf.

taz: Herr Ott, der FC Bayern ist zwei Jahre nach dem Ende des umstrittenen Sponsorings durch Qatar Airways eine Partnerschaft mit der staatlichen Fluggesellschaft Emirates aus Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eingegangen. Warum sehen Sie das sehr kritisch?
Michael Ott: Es ist ja sehr ähnlich wie bei Qatar Airways. Katar und die VAE unterscheiden sich zwar in Nuancen, aber die Menschenrechtslage ist ähnlich schwierig. Gesellschaftliche Freiheiten sind eingeschränkt, eine Meinungsfreiheit ist quasi inexistent, es herrscht ein unterdrückerisches Regime. Die Lage der Gastarbeiter ist mindestens so prekär wie in Katar. Zudem wird den VAE Unterstützung von schweren Kriegsverbrechen in Sudan vorgeworfen, ähnlich wie dem Bayern-Sponsor Ruanda in Kongo. Werte, die der FC Bayern als wichtig bezeichnet, darunter Rechte sexueller Minderheiten, werden in den VAE nicht gewahrt. Aber der Verein schreibt sich diese Werte auf die Fahnen. Das ist in sich widersprüchlich. Es ist also eine Zwangsläufigkeit, dieses Sponsoring abzulehnen.
taz: Der FC Bayern könnte argumentieren, dass Dubai als vergleichsweise liberal gilt in den VAE und der gesamten Golfregion.
Ott: Das sollte man mal die zahlreichen politisch Inhaftierten fragen, für wie liberal sie dieses Land halten. Klar kann man dahin als Tourist reisen, aber es ist mit Sicherheit kein liberales Land. Und ein Vergleich mit den anderen illiberalen Golfstaaten kann kein Maßstab sein, um zu bestimmen, was ein liberaler Staat ist.
taz: Der FC Bayern verweist auf andere europäische Topklubs, die seit Jahren mit Emirates zusammenarbeiten. Was halten Sie davon?
Ott: Damit betreibt man eine Selbstverzwergung. Ich verstehe nicht, warum man sich immer an anderen orientieren will. Wir sind der FC Bayern, einer der größten Klubs der Welt. Wir könnten vorangehen und zeigen, wie man es richtig macht. Das kann auch ein Alleinstellungsmerkmal sein, mit dem man sich vermarkten kann. Stattdessen schauen wir aber immer nur auf andere große Klubs und ahmen deren Fehler nach. Nur weil andere etwas tun, ist das noch lange nicht gut. Dieses Sponsoring bleibt moralisch falsch, unabhängig davon, was andere Klubs machen.
taz: Vereine wie der Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain (Katar), Manchester City (Abu Dhabi/VAE) und Newcastle United (Saudi-Arabien) befinden sich im Besitz von Golfstaaten und verfügen deshalb über fast unbegrenzte Finanzmittel. Können Sie der Argumentation folgen, dass der FC Bayern diese Geldgeber auch braucht, um zumindest halbwegs mithalten zu können?
Ott: Man begibt sich in einen Tanz mit dem Teufel, wenn man sich von den VAE sponsern lässt, die gleichzeitig bei Manchester City das Financial Fairplay mit allen Mitteln der Kunst aushebeln, damit den Wettbewerb extrem verzerren und uns ganz unmittelbar schaden. Die kolportierten fünf Millionen Euro jährlich von Emirates an den FC Bayern sind im Vergleich zu den unbegrenzten Mitteln bei den genannten Klubs ein Tropfen auf den heißen Stein. Jeder, der glaubt, dass wir auf diese Weise auf lange Sicht mit diesen super reichen Klubs mithalten könnten, belügt sich selbst. Deren finanzieller Vorsprung wird immer größer und ist mit Sponsorings nicht aufzuholen. Diese Staaten sind die Feinde des Fußballs. Wir dürfen uns mit ihnen nicht einlassen, weil wir sonst diese Spirale nur noch weiterdrehen. Man müsste dieses System vielmehr bekämpfen, in dem dubiose Staaten Fußballklubs für ihre geopolitischen Spielchen missbrauchen. Verblüffenderweise sind aber gerade diejenigen, die sagen, der Fußball solle unpolitisch sein, für dieses Sponsoring. Sie machen sich damit zum Erfüllungsgehilfen für die politischen Ziele dieser Staaten.
taz: Sie hatten 2021 einen Antrag auf der Jahreshauptversammlung gestellt, um Sponsorings wie mit Qatar Airways künftig zu verhindern, sind damit aber nicht durchgekommen. Erwägen Sie nun einen erneuten Versuch?
Ott: Das werde ich mir überlegen. Was ich sagen kann: Die überwiegende rechtswissenschaftliche Ansicht tendiert zu meiner Meinung, wonach ein solcher Antrag, wie ich ihn damals gestellt habe, zulässig gewesen wäre.
taz: Wie blicken Sie der Jahreshauptversammlung im Herbst entgegen, auf der sich Präsident Herbert Hainer zur Wiederwahl stellen will?
Ott: Herbert Hainer ist als Präsident der Vertreter des Vereins in der Aktiengesellschaft (AG). Er sollte dafür sorgen, dass die Werte des Vereins auch in der AG gewahrt werden, und er kann im Aufsichtsrats die Besetzung der Führungsposten mitbestimmen. Nun haben wir aber nach wie vor Führungspersonal, das unbeirrbar skandalöse Sponsoringverträge schließt, welche mit den Werten unseres Vereins unvereinbar sind. Hainer hat diese Verträge auch immer selbst verteidigt. Für mich persönlich ist das ein entscheidender Punkt, wenn er zur Wahl steht. Dieses Thema muss auch auf der Jahreshauptversammlung besprochen werden.
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