piwik no script img

Warnung vor Gasmangel im WinterDie Gasspeicher sind nicht sehr voll

Der Verband Energien Speichern fürchtet Gasknappheit bei einem sehr harten Winter. Das Wirtschaftsministerium weist das zurück.

Die Anlage des Erdgasspeichers Rehden: Lagerstätten sind derzeit weniger gefüllt als sonst um diese Zeit Foto: Sina Schuldt/Deutsche Presse-Agentur

Berlin taz | Die Betreiber der Lagerstätten für Gas schlagen Alarm: Sie warnen davor, dass bei einem sehr harten Winter die deutschen Gasreserven nicht reichen könnten, und fordern ein Eingreifen des Staates. Das Bundeswirtschaftsministerium sieht keinen Handlungsbedarf.

Damit im Winter genug Gas vorhanden ist, wird es im Sommer in zahlreichen Speichern eingelagert. Früher war das eine Selbstverständlichkeit, von der niemand Notiz nahm. Das ist seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 und dem darauf folgenden Stopp der russischen Gaslieferungen nach Deutschland anders. Seitdem verfolgt die Öffentlichkeit den Stand der Gasspeicher – aus Angst vor Engpässen im Winter. Dazu ist es aber selbst während der Energiepreiskrise 2022/23 nicht gekommen, weil der damalige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Gas woanders einkaufen und unter anderem Terminals für Flüssiggas bauen ließ, über die vor allem aus den USA das sogenannte LNG geliefert wird.

Doch im kommenden Winter könnte erstmals eine Knappheit drohen. In ihrer Analyse für Juli beschreibt die Initiative Energien Speichern (INES), die 90 Prozent der deutschen Speicherkapazitäten repräsentiert, eine schleppende Befüllung der Lagerstätten. Ende Juni waren die Speicher demnach nur zu 51 Prozent gefüllt. In anderen Jahren seien es zu diesem Zeitpunkt rund 70 Prozent gewesen. Die von Marktteilnehmern bislang gebuchten Kapazitäten führen nach Angaben von INES zu einer Auslastung der Lagerstätten zum 1. November 2025 von nur 70 Prozent. Ob die Buchungen noch ansteigen, ist ungewiss.

Der Verband warnt deshalb vor einem Versorgungsrisiko. „Die aktuelle Befüllung der Gasspeicher durch den Markt lässt nicht erwarten, dass die Gasnachfrage auch in einem sehr kalten Winter vollständig gedeckt werden kann“, sagte INES-Geschäftsführer Sebastian Heinermann der taz. Bei einem sehr kalten Winter wären die Gasspeicher Ende Januar 2026 leer, die Versorgung würde an LNG-Lieferungen hängen. Privathaushalte und Unternehmen, die lebenswichtige Produkte herstellen, sind besonders geschützt und würden weiter beliefert. Aber die Energiepreise würden drastisch steigen. „Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die Bundesregierung Gas-Versorgungssicherheit im kommenden Winter vollständig gewährleisten wird“, sagte Heinermann.

Ministerium sieht keinen Handlungsbedarf

Das von Katherina Reiche (CDU) geführte Bundeswirtschaftsministerium könnte über das Unternehmen Trading Hub Europe (THE) Gas einspeichern lassen – finanziert würde das aus Mitteln der Gasspeicherumlage. Es sieht allerdings keine Veranlassung, tätig zu werden. Die Gasspeicher seien wegen des kalten Winters und der ungewöhnlichen Preisstruktur auf dem Gasmarkt etwas weniger gefüllt als in früheren Jahren, sagte eine Sprecherin.

Anders als üblich seien die Gaspreise im Sommer zeitweise höher als für den kommenden Winter gewesen. Entsprechend gering waren die Anreize für eine Einspeicherung. Mittlerweile hätten die Speicheraktivitäten deutlich zugenommen und der angestrebte Füllstand von 80 Prozent zum 1. November sei erreichbar. „Eine staatliche Befüllung der Speicher über die THE ist angesichts der insgesamt sicheren Versorgungslage derzeit nicht erforderlich“, betonte sie.

Der grüne Bundestagsabgeordnete und Energieexperte Alaa Alhamwi hält die Untätigkeit des Wirtschaftsministeriums für falsch. „Es ist unverantwortlich von Frau Reiche, die Versorgungssicherheit zu gefährden, indem sie die Befüllung der Gasspeicher dem Markt überlässt“, sagte er der taz. Das Vorgehen der Wirtschaftsministerin sei „kurzsichtig“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!