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Archiv-Artikel

Köln verordnet sich neue Handschrift

Der 1. FC Köln setzt auf den neuen Trainer Uwe Rapolder. Der bei mittlerweile seinem Arbeitgeber Bielefeld geschasste Erfolgscoach soll den Spielern mehr Eigeninitiative beibringen und der Stadt einen attraktiveren Fußball verkaufen

KÖLN taz ■ „Für mich ist entscheidend, ob der Trainer eine Handschrift hat“, sagte Wolfgang Overath, der Präsident des 1. FC Köln, als sein Klub die Verpflichtung von Uwe Rapolder, dem mittlerweile suspendierten Trainer von Arminia Bielefeld, bekannt gab. Auch Manager Andreas Rettig benutzt diesen Begriff schnell, wenn man ihn nach den Qualitäten Rapolders fragt, den sie nach intensivem Werben ans Geißbockheim gelockt haben. „Es gibt nur wenige Trainer, die eine Spielauffassung haben, die sie in die Köpfe der Spieler transportieren und die sie täglich in der Trainingsarbeit umsetzen“, erklärt Rettig. Genau das sei „mit dem etwas schwulstigen Begriff der Handschrift gemeint“. Die „Pass- und Laufwege am Wochenende sind dann nicht zufällig, sondern erarbeitet“, meint Rettig. Auf seiner Suche nach einem Nachfolger des zum Saisonende zurück getretenen Huub Stevens habe er sogar ein „echtes Trainerproblem in Deutschland“ beobachtet.

In Köln haben sie ein solches erstmal nicht mehr. Rapolder wird gefeiert als hätte er bereits zauberhaften Fußball auf den Rasen des Rhein-Energie-Stadions gemalt. Der Kölner Stadtanzeiger formulierte die gelungensten Liebeserklärungen an den Heilsbringer. „Prinz Rapoldi“ titelte die Zeitung und kommentierte, „mit seinem Fußballkonzept kommt er in die Stadt wie ein Wasserhändler in die Wüste“. Rapolder steht dabei nicht nur für durchdachte Fußballstrategien, sondern auch für Umgänglichkeit, er hat einen unterhaltsamen Humor und eine gewisse Warmherzigkeit – Qualitäten, die nicht unwichtig sind im Umgang mit dem emotionalisierten Kölner Fußballumfeld. „Das stimmt“, sagt Rettig, „er ist ein sehr offener Typ, er begegnet den Dingen anders und er hat etwas zu verkaufen, das ist gut in dieser Stadt“.

Erwarten können die Fans nun einen aggressiven, rasanten Fußball, der seinen Ausgang in einer dicht organisierten Defensive nimmt und nach Ballgewinn mittels schnellem und technisch anspruchsvollem Kombinationsspiel zügig zum eigenen Tor-abschluss führt. So jedenfalls sah das Spiel von Arminia Bielefeld aus, wo Rapolder mittlerweile suspendiert wurde, nachdem er sich für einen Wechsel nach Köln entschieden hatte. Doch könnte das Bielefelder Jahr nicht auch eine im Fußball so häufig vorkommende Saison gewesen sein, in der einfach alles passt? Im vergangenen Jahr hatte der VfL Bochum so eine Phase und heute singt niemand mehr Hymnen auf die Qualitäten des Trainers Neururer. Das sei nicht vergleichbar, meint Rettig. „Wir haben Rapolders Arbeit über einen längeren Zeitraum angeschaut, auch in Mannheim und beim FC St. Gallen wurde richtig ordentlicher Fußball gespielt“. Der neue Trainer hat schon angekündigt, er werde seine „Philosophie von Fußball nicht ändern“.

Viel Euphorie liegt daher in diesem Wechsel, Zweifel bleiben nur, ob der Gefeierte in Köln auch die richtigen Spieler vorfindet, um seine Ideen auf den Platz zu transportieren. „Er hat uns bestimmte Typen und Anforderungen genannt, und die werden wir jetzt bei unseren Planungen berücksichtigen“, sagt Rettig, im Gespräch sind Stürmer Thomas Christiansen von Hannover 96, die Mittelfeldspieler Hanno Balitsch, Daniel Bierofka und Fabian Gerber, während Nebojsa Krupnikovic entgegen erster Spekulationen wohl nicht kommen wird. Mit dem Rekordetat von 41 Millionen Euro, mit dem der Aufsteiger sich auf Anhieb im oberen Mittelfeld der Bundesliga bewegt, wird Rapolder schon umzugehen wissen. Das wichtigste aber bleibt: Die Mannschaft hat wieder eine Handschrift. DANIEL THEWELEIT