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Archiv-Artikel

Reden ist Gold

GELD Die Bremer Niederlassung der Commerzbank prosperiert – trotz Fusion und Teilverstaatlichung

Die Commerzbank in Bremen gibt ihren Beratern mehr Zeit. Diese als „Quantensprung“ qualifizierte Neuorientierung im Kundengeschäft gab Weser/Ems-Chef Stefan Burghardt gestern bei einer Bilanzpressekonferenz bekannt. Bislang habe man die Mitarbeiter ausschließlich nach deren quantitativen Ergebnissen bewertet, also dem reinen Produktverkauf. „Jetzt setzen wir verstärkt auf Beratungsqualität“, bestätigt Christian Oelkers, der sowohl für Privat- als auch für Geschäftskunden zuständig ist.

Dass ein solcher „Quantensprung“ Not tut, legt nicht zuletzt der „CityContest 2012“ nahe, den das Institut für Vermögensaufbau (IVA) im Auftrag von Focus money durchführte. Beim verdeckten Beratungstest von sieben Bremer Banken landete die Commerzbank auf dem vorletzten Platz. Den Testsieger, die Sparkasse, unterbietet sie unter anderem in den Kategorien „Sachgerechtigkeit“ und „Atmosphäre/Interaktion“ deutlich.

Die Kunden strömen dennoch: Seit Januar gewann die Commerzbank nach eigenen Angaben 1.100 Bremer Kunden hinzu, insgesamt seien es 75.000. Die Fusion mit der Dresdner Bank ist vor Ort offenbar ebenso verdaut wie die Notwendigkeit der Staatsstütze im Zuge des Finanzcrashs vor drei Jahren – beides hatte für nachhaltige Irritationen gesorgt. „Ein Bremer Kaufmann mag es nicht, wenn ein Unternehmen Geld vom Staat benötigt“, gibt Burghardt zu.

Doch mittlerweile vertraut die hanseatische Upperclass ihr Geld wieder gern den Commerzbankern an. Deren „Wealth Management“ mit Niederlassungen in Bremen und Oldenburg betreut Privatvermögen ab 750.000 Euro liquidem Kapital – derzeit seien das 1.200 Familien, sagt Wealth-Manager Karl Niggemeier, Tendenz steigend.

Als regionales Pilotprojekt bietet die Bank eine „offene Finanzierungs-Plattform für den Immobilienerwerb an“. Im Klartext: Wem die Kredite der Commerzbank zu teuer sind, wird umstandslos an einen Mitbewerber vermittelt – und das in aller Ruhe, falls die neue Beratungskultur auch faktisch umgesetzt wird.  Henning Bleyl