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dvdeskWestöstliche Diva

„Emmanuelle“ (Frankreich 2024, Regie: Audrey Diwan). Die DVD ist ab rund 14 Euro im Handel erhältlich.

„Emmanuelle“, das Original von 1974, ist mit geschätzt 300 Millionen Besuchern weltweit bis heute einer der erfolgreichsten französischen Filme aller Zeiten. Die Geschichte einer Frau, die in Bangkok – beziehungsweise schon auf dem Weg dahin – eheliche und (zunächst mit Duldung des Gatten) außereheliche sexuelle Erweckungserlebnisse hat. Von heute betrachtet nimmt sich die Mischung aus weichgezeichneter Softpornografie, quasikolonialistischem Setting in Thailand mit viel Exotismus und bedingt glaubwürdiger weiblicher Emanzipation zwar ausgesprochen dated, aber alles in allem eher unschuldig aus.

Der Film machte Hauptdarstellerin Sylvie Kristel zur (Sex-)Ikone, es gab Fortsetzungen, Spin-offs, Rip-offs sehr unterschiedlicher Nähe zum Original und naturgemäß auch sehr unterschiedlicher Güte. Und dann folgte 2024, genau fünfzig Jahre nach dem ersten Film, „Emmanuelle“ von Audrey Diwan. Einer Regisseurin, die sich mit feministischen Stoffen einen Namen gemacht hat. Spätestens seit ihrem Goldenen Löwen für die Annie-Ernaux-Verfilmung „L’évenément“ (2021) steht sie in der ersten Reihe des europäischen Autoren- beziehungsweise Autorinnen-Films.

Und so klar und gesucht der Bezug ihrer Version zum Original ist: Es versteht sich von selbst, dass sie kein Remake im engeren Sinn gedreht hat. Eher ein Update, und zwar der radikaleren Art. So ist nicht nur sein 70er-Schnauz, sondern gleich der ganze Ehemann gestrichen. Den Partner für den Sex auf der Flugzeugtoilette sucht sich Diwans Emmanuelle (Noémie Merlant) sehr selbstbewusst aus. Wobei sie ohnehin in der Business oder, hier endet meine Expertise, First Class unterwegs ist. Und zwar in Richtung Fernost. Ihr Job ist eher eines der neueren Gewerbe der Welt: Sie ist, im Auftrag der global agierenden Eigner, Qualitätsprüferin für Luxushotels.

Ihr neuester Auftrag konfrontiert sie mit einem nicht ganz rund laufenden Betrieb in Hongkong und besonders mit dessen Chefin Margit Parson, von Naomi Watts als tougher Superprofi gespielt. Emmanuelle hat den Befehl, sie runterzuraten. Spielraum für Gewissenskonflikte.

Dünn ist die Luft in diesen Gefilden. Kalt sind die Flure, aseptisch die Räume, hart sind die Drinks. Alles ist mit immer etwas angehaltenem Atem gefilmt. Auch noch der Sex, den sich Emmanuelle mit einer der asiatischen Escorts, die am Pool herumhängen, gönnt. Nicht dass der bei allem gegenseitigen Respekt letztlich befriedigend ist. So fällt ihr Blick, und mehr als der Blick, auf einen mysteriösen Mann namens Kei Shinohara (Will Sharpe), der nie in seinem gebuchten Hotelzimmer schläft. Nur auf gewaltigen Umwegen kann sie so ihr eigenes Begehren überhaupt stimulieren. Immerhin endet dann alles mit einem Seufzer der Lust.

Diwans „Emmanuelle“ ist mindestens eins: konsequent. Ein Eiswasser-Bad im Spätkapitalismus, der im Luxussegment zwar gut gepolstert, aber nichtsdestotrotz voller Unfreiheit ist. Ekkehard Knörer

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