: Sanftmuuuuuuht

Als ich 18 war, kaufte ich mir in einem Secondhandladen einen Gürtel mit schwarz-weißen Kuhflecken. In der Ecke zwischen den seriösen braunen und schwarzen Exemplaren wirkte er wie ein Außenseiter. Ich war sofort verliebt und rettete ihn aus seinem tristen Dasein. Seitdem sind neun Jahre vergangen und ich habe den Gürtel dreimal getragen. Er erschien mir zu dörflich und die Kuh nicht cool genug.
Nun hat vor einigen Wochen die Vogue verkündet: Der Cow-Print ist im Trend! Weiße dicke Flecken auf Braun, rissige schwarze Zacken auf Weiß oder auch ganz andere Farben – so vielfältig Kuhmuster sind, so verschieden sind auch die ihnen nachempfundenen Styles. Doch alle Varianten strahlen eine gewisse Milde aus.
Wie gut! Denn ich kann die Leopardenmuster, die seit Jahren den Trend der Animal Prints dominieren, nicht mehr sehen. Sie sind seit jeher umstritten, die einen finden sie billig, die anderen selbstbewusst und „wild“. So wie wohl auch Christian Dior, der 1947 als erster Modedesigner Leopardenflecken auf Stoff brachte und dazu sinngemäß kommentierte: Wenn du lieb bist, zieh es nicht an!
In den 1950er Jahren posierte Pin-up-Model Bettie Page im Leo-Badeanzug neben zwei Geparden und lud das gefleckte Muster mit einer sexuellen Komponente auf. Etwas trashig waren hingegen Peggy Bundys Leoparden-Styles in der 80er-Jahre-Sitcom „Eine schrecklich nette Familie“. Heute gilt der Raubkatzen-Print als taffer, kämpferischer Look.
Umso schöner ist es daher, dass jetzt die Kuhflecken auf dem Vormarsch sind. Kühe ernähren sich pflanzlich, halten sich gern in Herden auf, und laute Geräusche führen bei ihnen schnell zu Stress. In diesen Zeiten einer aggressiven politischen Stimmung brauchen wir genau das – mehr Sanftmuuuuuht!
Und es muss ja nicht nur die Kuh sein. Inspiration für mehr Niedlichkeit gibt es im ganzen Tierreich: Wie wäre es denn mit einer schicken gelb-blau Kombi, inspiriert von der Kohlmeise? Oder einem flauschigen rotbraunen Mantel Typ Eichhörnchen? Nur bitte ohne echtes Fell. Marietta Meier
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