: Das funky Funkhaus aus Bremen
JUBILÄUM Funkhaus Europa sendet seit zehn Jahren in 15 Sprachen in Bremen, NRW, Berlin und Brandenburg. Das wird heute im Schlachthof gefeiert
Die New Yorker Band „Kokolo“ macht seit acht Jahren mit einer explosiven Mischung aus nigerianischem Afrobeat, jamaikanischen Dancehall-Vibes, New Yorker Latin Jazz, HipHop und Funk Furore. Ursprünglich von Musikern aus der Punk-Szene als traditionelle Afrobeat-Band gegründet, ist „Kokolo“ der fusionäre Ansatz von Beginn an eingeschrieben. Neben „Antibalas“ und den „Daktaris“ zählen die New Yorker wesentlich zu den Mitverantwortlichen für eine neue Welle afrikanischer Beats, die im Erfolg von „Vampire Weekend“ und der neuen Aufmerksamkeit für Tony Allen, den Erfinder des Afrobeat, vorläufig kulminierte.
Von Andreas Schnell
Am 5. Mai 1999 ging mit „Funkhaus Europa“ ein Radioprogramm neuen Typs auf Sendung. 24 Stunden am Tag macht Funkhaus Europa Programm aus dem multikulturellen Alltag in Europa in 15 Sprachen mit Musik aus aller Welt und Nachrichten in Deutsch.
„Das war damals eine Idee von Fritz Pleitgen vom WDR“, erinnert sich Karsten Binder, von Funkhaus Europa bei Radio Bremen. „Der WDR wollte ein multikulturelles Radioprogramm machen, das die bestehenden Gastarbeiterprogramme zusammenführt und daraus etwas Neues schafft: Ein Programm für Integration und für ein zusammenwachsendes Europa.“ Auf der Suche nach Kooperationspartnern meldete Radio Bremen damals sofort Interesse an. Gastarbeiterprogramme haben in der ARD eine lange Tradition: Auf Türkisch, Spanisch, Italienisch oder Griechisch wurde regelmäßig für die jeweilige Minderheit Radio gemacht. „Und diese Sprachen finden sich jetzt im Funkhaus Europa“, so Binder. „Deutsch ist natürlich die zentrale Sprache, da machen wir Programm von 7 Uhr morgens bis 18 Uhr, die restliche Zeit teilen sich die Fremdsprachen. Abends gibt es dann musikalische Special-interest-Programme.“
Das Funkhaus Europa bei Radio Bremen hat rund 30 Mitarbeiter, zum größeren Teil übrigens so genannte Freie, und bringt in das Programm neben den Nachrichten werktäglich vier Stunden zwei Sendungen von 14 bis 18 Uhr und samstags eine Frühsendung von 7 bis 9 Uhr morgens ein.
„Technisch ist das Funkhaus Europa ja eine ziemlich irre Konstruktion. Das Sendesignal wird mehrmals zwischen Bremen und Köln hin und her geschickt, bis es ausgestrahlt wird. Dann gibt es beim Hessischen Rundfunk und in Berlin Redaktionen, die zuliefern. Und wir machen in Bremen zur vollen Stunde immer die Nachrichten.“
Das Team von Funkhaus Europa besteht zu rund zwei Dritteln aus Mitarbeitern aus Einwandererfamilien. Das ist zwar keine festgelegte Quote, aber durchaus erwünscht: „Wir versuchen, nahe an diesen Lebenswelten dran zu sein. Wenn man beispielsweise über das Zuckerfest am Ende des Ramadan berichten will, ist es besser, jemanden zu haben, der aus dem Kulturkreis kommt, als wenn wir da rein ‚Biodeutsche‘ daransetzen, die dann mal eben googlen, was das Zuckerfest ist. Wir bieten uns da auch gewissermaßen als Türöffner an.“
Mit Erfolg: Funkhaus-Europa-Moderatorin Pinar Atalay moderiert zum Beispiel mittlerweile auch im NDR/RB-Fernsehen die Nachmittagsnachrichten.
Binder sieht darin einen Trend: „Ich glaube, dass wir mit unseren Themen richtig liegen, denn die sind gesellschaftlicher Mainstream: Integration und Migration und Europa. Und ich glaube, dass diese Themen immer stärker in den Alltag einfließen. Auch musikalisch sind wir eine wichtige Alternative zu den Mainstream-Programmen.“
Kommt denn sowas beim Publikum an, wo Radio heute nicht nur musikalisch doch eher auf Nummer sicher geht und Wortbeiträge auf das Unnötigste reduziert? Über Quoten wird nicht gesprochen, aber: „Ich bin sehr zufrieden, die Akzeptanz von Funkhaus Europa steigt“, sagt Binder.
Seit 1. Januar ist Funkhaus Europa nicht nur in Bremen, Bremerhaven und Nordrhein-Westfalen zu empfangen, sondern auch in Berlin und Teilen Brandenburgs zu hören.
■ Funkhaus Europa ist in Bremen auf UKW 96,7 und in Bremerhaven auf 92,1 MHz zu empfangen. Jubiläumsparty: Samstag, 20 Uhr, Schlachthof