: Bayer schießt sich schon mal warm
Mit 4:1 gewinnt Leverkusen bei Eintracht Frankfurt. So präsentiert sich die Mannschaft von Xabi Alonso bestens vorbereitet für das Champions-League-Duell am Mittwoch gegen Bayern München. Nur der Bayer-Trainer warnt noch
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Aus Frankfurt Frank Hellmann
Natürlich hat Xabi Alonso einen freien Sonntag gewährt. Die Akteure von Bayer Leverkusen sollten ausspannen, was der Trainer allerdings nicht tun wollte. „Morgen ist frei für die Spieler – nicht für mich“, hatte der 43-Jährige am Samstagabend gesagt, nachdem sein Team im Topspiel bei Eintracht Frankfurt (4:1) ein Signal der Stärke ausgesandt hatte. Schließlich warte „die nächste Herausforderung“: das Champions-League-Achtelfinale beim FC Bayern am Mittwochabend.
„Wir müssen großen Respekt haben, aber wir bleiben cool“, versprach Alonso, der für besondere Begegnungen gerne besondere Matchpläne austüftelt. Obwohl der Spanier keines seiner sechs Duelle gegen seinen Ex-Verein verloren hat, sieht er sich vor einer „brutal schwierigen Aufgabe“. Denn: „Champions League ist immer ein bisschen emotionaler.“ Es sei wichtig, „die emotionale Kontrolle zu haben: Fünf schlechte Minuten, und du bist weg.“ Erst recht am Mittwoch: „Sie sind die beste Mannschaft Deutschlands. Es ist Bayern München, es ist Champions League: Wir sind nicht dumm, zu denken, wir sind Favorit.“ Gleichwohl ist die aus dem Auswärtssieg in Frankfurt übermittelte Botschaft angekommen: Bayer ist bereit für Bayern – umgekehrt gilt das allerdings auch.
Klar ist aber auch, wer mehr zu verlieren hat: Bayern München, die nicht nur im Achtelfinale zuerst Heimrecht genießen, sondern in ihrer Arena zudem das Finale am 31. Mai ausrichten. Ein Scheitern in der Runde der letzten 16 ist da nicht vorgesehen.
Genau das macht es für Leverkusen so reizvoll. Als sich Bayer-Spieler in Frankfurt vor dem prallvollen Auswärtsblock bedankten, schallte ihnen ein „Zieht den Bayern die Lederhosen aus!“ entgegen. Im DFB-Pokal hat dieses nunmehr in 29 Bundesliga-Auswärtsspielen ungeschlagene Ensemble bekanntlich bei den Bayern (1:0) glücklich reüssiert, in der Bundesliga (0:0) war man zu Hause letztens haushoch überlegen.
Aber schlechte Zeiten unter Trainer Alonso liegen schon einige Zeit zurück. Der Meistercoach selbst hatte vor dem Wochenende daran erinnert, im Frankfurter Stadtwald in seinem ersten Auswärtsspiel im Oktober 2022 eine Abreibung (1:5) kassiert zu haben. Inzwischen ist das Leverkusener Team aber technisch und taktisch dem aktuellen Tabellendritten weit enteilt. Dass Treffer von Nathan Tella (26.), Nordi Mukiele (29.), Patrik Schick (33.) und Aleix García (62.) vom Videowürfel leuchteten, war fast Ausdruck eines Klassenunterschieds. Frankfurts Bester, Unruheherd Hugo Ekitiké (37.), betrieb nur Ergebniskosmetik.
„Wir sind stabil genug, um Bayern zu ärgern“, kündigte Mittelfeldspieler Granit Xhaka an, der mit breiter Brust nicht nur bei einem Scharmützel mit Ellyes Skhiri vorangegangen war. Weil sich Florian Wirtz für seine Verhältnisse anfangs oft verhedderte, übernahm Xhaka den Job, mit Vertikalpässen die Frankfurter Deckung auseinanderzureißen. Der Schweizer Rekordnationalspieler erwartet in München „ein Spiel auf Augenhöhe“. Man dürfe nicht versuchen, „auf Ergebnis zu spielen“, sondern müsse das „eigene Spiel durchziehen“. Der entschlossene Auswärtsauftritt bei der Eintracht soll als Blaupause dienen. „Es war eine sehr, sehr gute erste Halbzeit – hohes Pressing, viele Ballgewinne“, lobte Xhaka. Wer so auftrumpft, kann sich in der zweiten Hälfte den Verwaltungsmodus leisten.
Es hätte eigentlich gar nichts zu meckern gegeben, wenn sich nicht Victor Boniface ganz am Ende mal wieder auf einen Egotrip begeben hätte. Kurz vor Schluss setzte der eingewechselte Stürmerstar genau wie Winter-Leihgabe Emiliano Buendía zum Schussversuch an – beide behinderten sich für einen kurzen Moment, und das gewiss unabsichtlich. Aber Boniface beschimpfte seinen Mitspieler mit erhobenem Zeigefinger, schubste ihn dann noch in alter Oliver-Kahn-Manier beiseite. Auch von mehreren Teamkameraden war er kaum zu beruhigen, später stapfte er als Allererster isoliert und mies gelaunt zum Mannschaftsbus. „Boni muss nicht wegstoßen: Das muss er einfach lassen“, kritisierte Sportdirektor Simon Rolfes. Alonso kündigte eine Unterredung an, merkte allerdings an: „Von etwas Kleinem machen wir nix Großes.“ Boniface wollte im Winter schon weg, nun könnte eine Trennung im Sommer erst recht sinnvoll sein.
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