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Leerstand statt Mitbewohner:in: Kiese und Brahms einsam in ihrer WG in Prenzlauer Berg Foto: Miriam Klingl

Geldverdienen mit der WohnungskriseNena und die Geister-WGs

Ein Unternehmen vermietet als Zwischenhändlerin einzelne Zimmer an Studierende. Nun will es die Mie­te­r:in­nen mit fragwürdigen Methoden loswerden.

Von Paul Schwenn aus Berlin

A n der Grenze zwischen den Ortsteilen Prenzlauer Berg und Friedrichshain passiert etwas Merkwürdiges. Es ist August 2024. In einer Wohnanlage in der Paul-Heyse-Straße stehen WG-Zimmer leer, eines im Hochparterre, eines im dritten Stock. Im Haus, schräg gegenüber, ist es der zweite Stock. Doch am Eingang: keine Casting-Schlangen, keine Umzugswagen, nicht mal ein paar Kartons.

Dabei ist Wohnraum hier begehrter als die Volleyballfelder im angrenzenden Volkspark Friedrichshain. Die Warschauer Straße lässt sich in rund zehn Minuten mit der Tram erreichen. Die denkmalgeschützten Altbauten sind mit Dielen und Balkonen ausgestattet. Und die verbliebenen Be­woh­ne­r:in­nen haben Lust auf neue Leute. Woran liegt es also?

In einer der WGs gibt es zum Frühstück Aufbackschrippen mit Nutella, daneben liegt ein Anwaltsschreiben auf dem Küchentisch. „Nena will uns einschüchtern und loswerden“, sagt Jan Kiese. Neben ihm sitzt seine Mitbewohnerin und Freundin Lara Brahms. Die Namen der Studierenden hat die taz geändert. Sie befinden sich aktuell in einem Rechtsstreit mit Nena und möchten die Situation nicht weiter eskalieren, sagen sie.

Nena, das ist in diesem Fall kein Popstar auf Abwegen, sondern die Vermieterin. Ungewöhnlich ist das Ganze trotzdem. Die Nena Hospitality GmbH mietet selbst Wohnungen an und teilt sie wie Pizzastücke auf. Die Zimmer vermietet das Unternehmen gegen Aufpreis einzeln weiter, oft an junge Menschen. Nena ist also eine Zwischenhändlerin.

Unliebsames Geschäftsmodell

In der Spitze hat Nena nach eigenen Angaben etwa 900 Wohnungen vermietet. Das WG-Modell ist dabei ein Teil der Geschäftsstrategie, rund 60 WGs wurden nach dem Pizzamodell betrieben. Inzwischen hat das Unternehmen seinen Geschäftsfokus verändert. Nena setzt inzwischen auf „Serviced Apartments“, also möblierte Kurzzeitunterkünfte. Sechs solcher Apartmentkomplexe betreibt das Unternehmen, etwa am Hermannplatz oder unweit des Kreuzberger Bergmannkiezes.

Während die Expansion mittlerweile über Berlin hinaus läuft, sind die WGs nicht mehr als Altlasten, von denen sich das Unternehmen lieber heute als morgen trennen will. „Früher lief alles noch ganz easy“, erzählt die Studentin Brahms am Frühstückstisch. Wenn jemand auszog, schlugen die Be­woh­ne­r:in­nen Nena eine Nachbesetzung vor. Und die zog dann ein. Doch seitdem im Januar 2024 der dritte Mitbewohner die WG verließ, hat die Vermieterin niemanden mehr einziehen lassen. So entsteht in Räumen des Zusammenlebens Leere.

Die Be­woh­ne­r:in­nen stehen im Türrahmen des unbewohnten Zimmers. Vorsichtige Nachfrage: Ist das denn so schlimm? So hat das Paar immerhin mehr Privatsphäre, Küche und Bad für sich. „Uns stört vor allem, dass die Nena das Zimmer lieber leer stehen lässt, als sich mit uns zu einigen“, sagt Kiese. Als sie selbst versuchten, die 15 Quadratmeter anzumieten, lehnt Nena ab. Nutzen dürfen sie das Zimmer nicht.

Über die Flachdächer der Paul-Heyse-Straße hinaus ist Leerstand ein Problem. Laut des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg standen 2022 in Berlin über 40.000 Wohnungen leer. Rund 55.700 Ber­li­ne­r:in­nen haben dagegen keine Wohnung, so die Senatsverwaltung für Soziales.

Ein Fall von Zweckentfremdung?

Die Zwischenhändlerin Nena trägt zu diesem Leerstand bei. In einer Wohnung in der Flotowstraße in Moabit lebte eine Mieterin ein Dreivierteljahr als einzige Person in einer 4er-WG. Ist das überhaupt legal?

Der Berliner Mietverein hilft bei dubiosen Befristungsklauseln Foto: Miriam Klingl

In Berlin gibt es seit 2014 das Zweckentfremdungsverbot. Wer Wohnungen über drei Monate leer stehen lässt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Allein in einem Haus in der Paul-Heyse-Straße ist dieser Zeitraum in zwei WGs um Monate überschritten. Das Vorgehen könnte trotzdem nicht verboten sein, sagt Benjamin Hersch, Fachanwalt für Mietrecht. „Im Gesetz ist von Wohnraum die Rede, also nicht von Wohnungen oder Zimmern“, so Hersch. Am Ende komme es wohl auf das zuständige Bezirksamt an. „Die Wilmersdorfer Witwe kann ja auch drei Zimmer in ihrer Eigentumswohnung leer stehen lassen und nicht nutzen.“ Das falle dann vermutlich nicht unter das Zweckentfremdungsverbot.

Wie kam es überhaupt zu der Idee mit den aufgestückelten WGs? Um das herauszufinden, muss man Nena erst mal finden.

Ortsbesuch an der Geschäftsadresse in Schönefeld im Januar 2025. Die Gemeinde in Brandenburg hat einen der niedrigsten Gewerbesteuerhebesätze Deutschlands und gilt als Paradies für Briefkastenfirmen. Nena Hospitality? Eine Rauchergruppe am Hauseingang reagiert mit Achselzucken. Auf dem elektronischen Klingelschild ist das Unternehmen nicht aufgeführt. Auf einem Post-it am Briefkasten steht der Name handgeschrieben, klein zwischen fünf weiteren Firmen.

Der Geschäftsführer meldet sich

Im Stockwerk der Nena sagt eine Frau, sie arbeite zwar erst seit kurzem hier, habe aber noch nie jemanden im Nachbarbüro gesehen. Das Büro wirkt verlassen. In der Woche darauf ist ein Mitarbeiter einer Baufirma vor Ort, die zur gleichen Unternehmensgruppe gehört. Mit einem Nena-Mitarbeiter könne man nicht sprechen, sagt er und bittet, das Gebäude zu verlassen.

Ein Traum für viele Wohnungssuchende: Der Häuserkomplex in der Paul Heyse Straße Foto: Miriam Klingl

„Wenn Unternehmen falsche Angaben darüber machen, wo sie tatsächlich wirtschaftlich tätig sind, ist das Steuerhinterziehung“, sagt Christoph Trautvetter, wissenschaftlicher Referent beim Netzwerk Steuergerechtigkeit. Dieser Verdacht liege bei vielen Briefkastengesellschaften in Steueroasen nahe. Im Einzelfall sei das für das Finanzamt schwer nachzuweisen.

Einen Tag nach dem Besuch in Brandenburg ruft der Nena-Geschäftsführer an und lädt zum Gespräch. Nicht nach Schönefeld, sondern in ein Büro in Kreuzberg. Florian Wichelmann sitzt in einem gläsernen Konferenzraum und streckt sich. Hinter ihm blinkt der Schriftzug seiner Firma gelblich-orange. Eine gute Stunde spricht er mit der taz.

Doch als er im Nachgang wie vereinbart Zitate zugeschickt bekommt, möchte Wichelmann „nicht ein einziges“ freigeben. Die Aussagen, abgeschrieben von einer Tonaufnahme, seien „nicht gut formuliert“ und „teilweise aus dem Kontext gerissen“. Er droht mit rechtlichen Schritten, sollten die Zitate veröffentlicht werden.

Alle Gewinner?

Bei Wichelmann klingt das WG-Modell nach Win-Win-Win. Der Eigentümer habe einen verlässlichen Hauptmieter, nämlich die Nena. Studierende ohne ausreichende Bonität für eine Wohnung könnten ein bezahlbares Zimmer mieten. Und Nena als Zwischenhändlerin habe die Marktlücke gefunden. Die Nachfrage gebe Nena recht, dass es ein gutes Angebot sei.

Ein ehemaliger Mitarbeiter sieht das anders. Nena baue auch darauf, dass Studierende auf dem angespannten Mietmarkt nicht frei wählen könnten. „Studenten in Berlin sind halt einfach froh, wenn sie ein Zimmer kriegen. Wegen 100 Euro mehr Miete oder einem befristeten Vertrag hat sich kaum einer bei uns beschwert“, sagt er unter der Bedingung, anonym bleiben zu dürfen. Die taz hat seine Identität überprüft.

Im Gespräch macht Wichelmann deutlich, dass er die Studierenden nicht verstehe. Das WG-Modell sei ohnehin auf ständige Wechsel angelegt. Junge Menschen sollten ein halbes bis anderthalb Jahre bleiben und dann weiterziehen. Und was den vorgeblichen Frust über den Leerstand betreffe: In einem Hotel beschwere man sich ja auch nicht, wenn das Zimmer nebenan leer sei.

Warum Nena überhaupt die WGs abgeben möchte, hat Wichelmann in einem Podcast erzählt. Mit dem „Anmieten/Vermieten“ der WGs habe er 200 bis 300 Euro Marge gemacht. „Alles nett, aber natürlich wird man davon nicht reich“, sagt er dort. Der taz erläutert Wichelmann im Gespräch, dass die gewerbliche Vermietung lukrativer sei. Reparaturanfällige WGs, verstreut in der Stadt, seien teurer zu betreiben als moderne Apartmentkomplexe.

Nena und der Spiegel

Auch der Spiegel schreibt im März 2022 über Florian Wichelmann und Nena. Allerdings geht es nicht um überhöhte Mieten oder das WG-Pizza-Modell. Der Geschäftsführer tritt in einer Reportage über Hilfsaktionen für Geflüchtete aus der Ukraine auf. Wichelmann bringt sie damals offenbar kostenlos in Nena-Apartments unter. Zum vollständigen Artikel.

Was dort nicht steht: Die stellvertretende Chefredakteurin des Magazins ist Wichelmanns Geschäftspartnerin. 2019 kaufte Melanie Amann mit ihrer Mutter eine Wohnung im Ortsteil Prenzlauer Berg und vermietete sie über Nena an Studierende.

Tatsächlich fußt die Geschäftspartnerschaft auf einer jahrzehntelangen Bekanntschaft. Im Spiegel-Archiv findet sich ein Artikel über die deutschen Debattiermeisterschaften 2004, an der beide teilnahmen. Wichelmann wird dort als „Rampensau“ mit „völlig überdrehtem Selbstbewusstsein“ beschrieben, Amann wird zitiert, sie sei „nie ein schüchternes Häschen“ gewesen. Im Juni 2022, gut drei Monate nachdem der Wohltäter-Artikel im Spiegel erscheint, feiern Wichelmann und Amann auf der „Hauptstadtparty“ des Magazins. Hat die Journalistin Wichelmann gute Presse im Magazin besorgt?

Amann möchte nicht über ihre Wohnung oder den Text im Spiegel sprechen. Sie verweist auf die Pressestelle. Die gibt immerhin zu, dass Wichelmann durch den Hinweis seiner Geschäftspartnerin in den Spiegel kam. Amann habe ihn als „möglicherweise geeigneten Ansprechpartner“ vorgeschlagen und den Kontakt hergestellt. Die Berichterstattung habe Amann aber weder initiiert noch beeinflusst. Der Artikel sei nicht in Amanns damaligem Ressort, dem Hauptstadtbüro, erschienen. Allerdings waren gleich zwei der drei damaligen Au­to­r:in­nen des Textes Prak­ti­kan­t:in­nen im Hauptstadtbüro, das Amann leitete.

Der Spiegel betont in seiner Antwort, dass Amann mit ihrer Beziehung zu Wichelmann intern transparent umgegangen sei. Sollte das stimmen, bleibt die Frage: Kann man von Prak­ti­kan­t:in­nen erwarten, dass sie gegen einen Freund und Geschäftspartner der Chefin kritisch recherchieren?

Sicher ist: Der Spiegel veröffentlicht keinen Transparenzhinweis über Amanns Beziehungen zum Protagonisten.

Auf die Frage, warum das Magazin ausschließlich positiv über Wichelmann berichtet, obwohl namhafte Medien wie der WDR oder der Tagesspiegel schon vorher über fragwürdige Geschäfte seines Unternehmens berichteten, antwortet der Spiegel nicht. Die Berichterstattung erfülle alle presserechtlichen und medienethischen Erfordernisse. [Link auf Beitrag 7561590 (MS-ID 6070040)]Paul Schwenn

„2.400 Euro? No Way“

Doch so leicht lassen sich die WGs nicht abwickeln. Die Studierenden checken nicht so schnell aus wie die Gäste eines „Serviced Apartment“. Die Studentin Brahms aus der Paul-Heyse-Straße hat einen unbefristeten Mietvertrag. Der Vertrag ihres Freundes ist befristet, allerdings, ohne dass Nena schriftliche Gründe dafür nennt.

„Die Befristung ist damit unwirksam“, sagt der Mietrechtsanwalt Benjamin Hersch. Ein Vermieter müsse Befristungsgründe schriftlich mitteilen, wenn er zum Beispiel plant, eine Wohnung im Anschluss selbst zu beziehen.

Seit über einem halben Jahr streiten die WG im dritten Stock und Nena darüber, ob sie ausziehen müssen. Es ist eine Auseinandersetzung in mehreren Eskalationsstufen. Im Juli 2024 schalten sich die Parteien für ein Videotelefonat zusammen. Wichelmann macht Angebote: Von einem Umzug in eine WG in Pankow ist die Rede oder einem halben Jahr Mietfreiheit bis zum Auszug.

„Das sind zusammengerechnet 2400 Euro!? No way. Wir sind total gerne hier“, sagt Brahms. Die Politikstudentin wohnt seit sechs Jahren in der Wohnung. Von hier komme sie schnell mit der S-Bahn zu ihrem Reitstall. Eine vergleichbare bezahlbare Wohnung in der Nähe zu finden hält sie für „quasi unmöglich“.

Fragwürdige Methoden

Das Paar möchte trotzdem über die Auszugsangebote nachdenken. Noch im Videocall deutet Wichelmann offenbar die nächste Eskalationsstufe an: Er könne jemanden ins leere Zimmer setzen, der „Ärger“ mache. Oder die Mie­te­r:in­nen könnten „mit einer Eigentumsklage rausgeprügelt“ werden. So steht es zumindest in einem Gesprächsprotokoll der Studierenden. Ein Freund, der beim Videocall dabei war, bestätigt den Ablauf. Wichelmann bestreitet die Drohungen.

Die taz hat mit 13 aktuellen und ehemaligen Nena-Mieter:innen aus fünf Wohnungen gesprochen, überwiegend WGs. Viele Schilderungen ähneln sich. Auch andere berichten von der Zimmerblockade oder überteuerten Mieten für zu kleine Zimmer. Eine Mieterin klagte 2022 erfolgreich gegen ihre Zimmermiete, die laut Urteil des Amtsgerichts Berlin 40 Prozent über dem Mietspiegel lag.

Die taz konnte auch ehemalige Mietverträge einsehen. Eine möblierte 36-Quadratmeter-Wohnung in der Nähe der Weberwiese in Friedrichshain kostete schon im Jahr 2019 1.050 Euro monatlich. Wichelmann erklärt dazu schriftlich, er erinnere sich nicht im Einzelnen an Mietpreise. Sie seien aber „marktgerecht“ und „fair“ gewesen.

Bei den Geschäften profitiert Nena auch von gesetzlichen Schlupflöchern. Denn möblierte Wohnungen erweitern den Spielraum der Mietpreisbremse. „Bei bestimmten Wohnungen, die nur vorübergehend vermietet werden, gilt die Bremse gar nicht“, erklärt Mietrechtsanwalt Hersch.

Inserat ohne Mie­te­r:in­nen

Wichelmanns ehemaliger Mitarbeiter formuliert es so: „Florian Wichelmann ist ein Typ, der einfach macht und losrennt. Die Geschäftsethik stellt er hinten an.“ Wichelmann bestreitet die Charakterisierung.

Während sich das Paar in der Paul-Heyse-Straße noch gegen den Auszug sperrt, landet die Wohnung für eine knappe halbe Million Euro zum Verkauf im Netz. „Bezugsfrei ab 01.11.2024“, heißt es in der Anzeige. Im August finden Besichtigungen statt. „Die Mak­le­r:in­nen waren ziemlich pissed, weil sie offenbar nicht wussten, dass wir nicht ausziehen“, erzählt Lara Brahms. Das Maklerbüro äußert sich gegenüber der taz dazu nicht.

Im Oktober stehen unangekündigt vier Männer vor der Tür. Sie wollen das leere Zimmer besichtigen. Als Brahms die Männer nicht hereinlässt, entsteht eine Auseinandersetzung. Die Studentin empfindet die Stimmung als bedrohlich, ist allein zu Hause. „Ich zittere immer noch“, schreibt sie der taz später.

Eine Nachbarin kommt zu Hilfe. „Die haben sich in einem Halbkreis wie in Türsteherhaltung aufgebaut“, sagt sie. Am Ende filmt Brahms das freie Zimmer. Dann verlässt die Gruppe samt Video das Haus. Im Nachgang erhält Brahms eine Abmahnung. Die Mietinteressenten seien „erschüttert“ gewesen über ihr Verhalten. Wichelmann schreibt per E-Mail, die Mie­te­r:in­nen hätten eine Besichtigung „unnötigerweise“ und „unrechtmäßig“ verhindert.

Die Ei­gen­tü­me­r:in­nen

Im Oktober rückt der Eigentümer der WG in der Paul-Heyse-Straße in den Fokus. Denn der Vertrag zwischen ihm und der Nena endet. Die Zwischenhändlerin ist also raus aus der Dreiecksbeziehung – zumindest als Vermieter. Doch der Eigentümer Oliver Beyer, ein Immobilieninvestor und Anwalt aus München, stattet Wichelmann als Mann vor Ort mit einer Vollmacht aus.

In das leere Zimmer ziehen drei unbekannte Männer ein, die die Mie­te­r:in­nen für Handwerker halten. Es ist nicht die Gruppe, die vor einigen Wochen vor der Tür der Studierenden stand. Die taz hat erfolglos versucht, sie zu erreichen. „Sie haben weder Deutsch noch Englisch gesprochen“, sagt der Student Jan Kiese. Die Kommunikation mit den osteuropäischen Männern in der WG läuft über Google Translate. Im Zimmer stehen nun drei Feldbetten und ein Klapptisch.

Für die Mie­te­r:in­nen sieht es so aus, als würde Wichelmann jetzt seine Drohung umsetzen: Nur habe er gleich drei Mieter in das Zimmer gesetzt, die sie rausdrängen sollten. „Die migrantischen Arbeiter tun uns als Schachfiguren in diesem Spiel genauso leid“, sagt Kiese. Wichelmann bestreitet, dass er die neuen Bewohner gegen die Studierenden einsetze. Kurz vor Weihnachten verlassen sie die Wohnung wieder.

Der Eigentümer Beyer ist nicht zu einem Gespräch mit der taz bereit. Per E-Mail schreibt er, er habe die Wohnung zum Ende des Vertrags mit Nena „nicht geräumt übergeben bekommen“. Im November kündigt er den Studierenden wegen Eigenbedarfs. Dabei stand die Wohnung im Sommer doch noch zum Verkauf. Woher der Sinneswandel?

Eigentlich wohnt Immobilienanwalt Beyer im Münchener Vorort Grünwald, eine der reichsten Gemeinden Deutschlands. Geschäftlich sei er allerdings mindestens zwei Mal im Monat in Berlin. Er plane, häufiger zu kommen. So steht es in der Begründung der Eigenbedarfskündigung. Außerdem wolle seine Tochter, Mitarbeiterin in einer Kosmetikfirma in Düsseldorf, nach Berlin ziehen. Die gemeinsame Nutzung fördere die „Vater-Tochter-Beziehung“, schreibt der Anwalt des Eigentümers. „Aufgrund des angespannten Wohnungsmarkts sowie den hohen Mietkosten, konnte die Tochter unseres Mandanten bislang keine geeignete Wohnung finden“.

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