: Mies gemixt, schnell gestorben
Entgegen dem Bundestrend sterben in der Hauptstadt immer mehr Menschen durch Drogen. Mischkonsum ist ein Grund für den Anstieg. Grüne kritisieren die Drogenpolitik des Senats
VON MATTHIAS LOHRE
Die Zahl der Berliner Drogentoten ist im Jahr 2004 stark gestiegen. Während bundesweit weniger Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums gestorben sind, verzeichnete die Hauptstadt im vergangenen Jahr 192 Todesfälle (bundesweit 1.385). Im Vergleich zu 2003 (165) war das ein Anstieg von 16,4 Prozent, berichtete gestern Monika Wojak, Mitarbeiterin der Landesdrogenbeauftragten.
Auch die Zahlen für das erste Quartal dieses Jahres verheißen nichts Gutes. 48 Drogenkranke starben allein bis Ende März an ihrer Drogenkrankheit, zwölf mehr als im Vergleichszeitraum 2004. Trotzdem fallen die Urteile über die Entwicklung in Berlin sehr unterschiedlich aus. Die Landesdrogenbeauftragte kann keine dramatische Entwicklung erkennen, während die Grünen die Drogenpolitik des Senats scharf kritisieren.
Die Sprecherin der Landesdrogenbeauftragten Elfriede Koller, Monika Wojak, sieht keine großen Abweichungen zur Entwicklung auf Bundesebene: „Schaut man sich wellenförmige Bewegungen der vergangenen Jahre an, so liegt Berlin dennoch generell im bundesweiten Trend.“ Die Konzentration der verbreiteten Drogen ändere sich ständig. „Manchmal liegt sie bei 6 Prozent, dann mal eine Weile bei bis zu 20 Prozent.“
Auffällig ist aus Wojaks Sicht jedoch der Trend zu „Drogencocktails“: „80 bis 90 Prozent der Toten haben zwei bis fünf verschiedene Substanzen im Blut. Das haut selbst den Gesündesten um.“ Körperliche Vorerkrankungen kämen hinzu. Deshalb dürfe man auch den starken Anstieg der Berliner Drogentoten im ersten Quartal 2005 nicht überbewerten: „Das kann im nächsten Monat schon wieder anders aussehen.“
Das sieht die drogenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Elfi Jantzen, ganz anders. Zwar gebe es durchaus Wellenbewegungen bei der Zahl der Drogentoten. Doch hinter der Berliner Sonderentwicklung erkennt Jantzen Fehler der Landesdrogenbeauftragten: „Frau Koller sperrt sich gegen ressort- und bezirksübergreifende Präventionsmaßnahmen.“ Seit Ende 2004 verzögere sich die vom Abgeordnetenhaus beschlossene Einrichtung einer Fachstelle für Drogenpolitik. Die Mittel für Jugendprojekte in den Kiezen, etwa in Neukölln, seien bereits seit Ende Februar gekürzt worden.
Die Landesdrogenbeauftragte selbst forderte vor zwei Wochen ein Umdenken in der Drogenpolitik des Senats. Doch während Elfriede Koller damals kritisierte, zehn Gramm Cannabis für den Eigenverbrauch seien „ein falsches Signal für die Jugend“, findet die Grünen-Politikerin die Gleichsetzung von harten und weichen Drogen „schlimm“.