: Liberales Spendenwunder vor der Wahl
Unbekannte Sponsoren finanzieren nordrhein-westfälischer FDP Plakatwerbung für heiße Wahlkampfphase. Wohltäter stammen angeblich aus „mittelständischer Anschlagswirtschaft“. Dubiose Spenden haben bei dem Landesverband Tradition
AUS KÖLN PASCAL BEUCKER
Mit einem unerwarteten wie erstaunlichen Spendenregen kann die FDP die Schlussphase ihres nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampfs bestreiten. Wie Landesgeschäftsführer Ralph Sterck der taz bestätigte, wurden der Partei zusätzlich zu ihren bisherigen 975 mobilen Plakatwänden noch weitere über 1.700 kommerzielle Großplakatflächen von großzügigen Gönnern zur Verfügung gestellt. Zum Vergleich: Die Grünen verfügen über insgesamt rund 300 Großplakatwände.
Der Großteil ihrer zusätzlichen großformatigen Werbeflächen sei den Liberalen über die Kölner Firma ASS Werbe GmbH vermittelt worden, sagte Sterck. Laut Auskunft von deren Geschäftsführer Taddäus Assenmacher stammt die „Sachspende“, deren Geldwert deutlich über 100.000 Euro betragen dürfte, von „mittelständischen Anschlagsunternehmen“.
Wie Sterck weiter mitteilte, hat die FDP außerdem noch 700 weitere Plakatflächen dank einer „normalen Geldspende“ anmieten können. Den Spender nannte er nicht, betonte allerdings, dass die Spenden ordnungsgemäß verbucht und beim Bundestagspräsidenten angezeigt würden.
Auch in ihrem letzten Landtagswahlkampf vor fünf Jahren hatte sich die chronisch klamme FDP über üppige finanzielle Zuwendungen freuen können. Damals stammten sie allerdings noch von dem seinerzeitigen Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten Jürgen W. Möllemann – und waren nicht ganz so ordnungsgemäß.
So beantragte erst Ende April die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft gegen Stercks Vorgänger Hans-Joachim Kuhl einen Strafbefehl über eine zehnmonatige Bewährungsstrafe. Der einstige Möllemann-Vertraute hatte zugegeben, allein in den Jahren vonn 1996 und 2000 rund 680.000 Euro Barspenden von seinem damaligen Chef angenommen und sie über teils erfundene Namen auf FDP-Konten verbucht zu haben.
Insgesamt soll Möllemann bis zum Jahr 2002 rund 2 Millionen Euro am Gesetz vorbei in die Parteikasse geschleust haben. Mit der Stückelung der Geldbeträge und der Tarnung als Kleinspenden hatte er zu verbergen versucht, dass er zur wichtigsten Geldquelle der NRW-FDP avanciert war. Das Geld floss von dubiosen Konten in Luxemburg und Liechtenstein.
Woher der Millionenreichtum des ehemaligen FDP-Spitzenpolitikers rührte, der sich im Sommer 2003 in den Tod stürzte, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Die Affäre belastet nach wie vor die Finanzen der NRW-FDP. Als Damoklesschwert schweben noch mögliche Strafzahlungen in Höhe von bis zu anderthalb Millionen Euro über der Partei.
Unterdessen bereitet der aktuellen Liberalen-Spitze nun ausgerechnet in den letzten Wahlkampftagen auch noch Möllemanns Vorgänger im FDP-Landesvorsitz, Joachim Schultz-Tornau, gehörigen Ärger. Scharf distanzierten sich gestern NRW-Parteichef Andreas Pinkwart und FDP-Spitzenkandidat Ingo Wolf von dem heutigen Landtagsabgeordneten.
Die Bild-Zeitung hatte zuvor Auszüge eines Plädoyers für den verurteilten Kindermörder Magnus Gäfgen aus der Internetseite Schultz-Tornaus veröffentlicht. „Wir sind entsetzt über die von Herrn Schultze-Tornau verfasste Schrift“, betonten Wolf und Pinkwart in einer gemeinsamen Erklärung.
Schultz-Tornau hingegen verwahrte sich gegen den Vorwurf, er habe Sympathiebekundungen für Gäfgen abgegeben. Es sei ihm einfach nur darum gegangen, Erklärungen dafür zu finden, wie es möglich ist, dass ein junger Mensch solch ein Verbrechen begeht.