ohne stimme: Stina Uebe ist fünf Monate zu jung zum Wählen
Ich bin 17 Jahre alt und hätte dieses Jahr eigentlich zum ersten Mal bei einer Bundestagswahl teilnehmen sollen. Doch da die Wahl vorgezogen wurde, klappt das jetzt nicht. Zwischen Februar und September werden viele Jugendliche aus dem Jahrgang 2007 volljährig, die ihre Stimme nun nicht abgeben dürfen. Das ist sehr ärgerlich. Es geht nur um wenige Monate!
Es verständlich, dass jüngere Kinder noch kein Wahlrecht haben, weil sie noch nicht in der Lage sind, sich ausreichend zu informieren und dann eine eigene Meinung zu bilden. Aber bei uns geht es nur um ein paar Monate, wegen derer wir jetzt nicht über unsere Zukunft mitentscheiden dürfen. Dabei gehören wir zu der Generation, die mit den Folgen politischer Entscheidungen mit am längsten leben muss.
In unserem Alter sind wir durchaus in der Lage, politische Entscheidungen zu durchdenken. Wir bekommen tagtäglich mit, was in der Welt geschieht. Man kann sich ziemlich hilflos fühlen, wenn man dann von großen Entscheidungen wie der über den neuen Bundestag ausgeschlossen wird. Es ist angsteinflößend und frustrierend, wenn man realisiert, dass viele Menschen in Deutschland politische Entscheidungen treffen, die man für falsch hält. Gerade in solchen Momenten wünscht man sich, selbst Einfluss nehmen zu können.
So viele Wahlberechtigte sind 70 Jahre und älter. Sie müssen die Folgen einiger Entscheidungen nicht mehr so lange mittragen wie wir. Ob sie da wirklich mit Blick auf die Zukunft unserer Generation wählen und nicht nur auf die nächsten Jahre? Es macht mir Sorge, dass sie so viel Macht über meine Zukunft haben.
Viele Leute wählen auch aus Angst vor der Zukunft AfD. Das hat sich zum Beispiel im letzten Jahr bei den Landtagswahlen gezeigt. Da erhielt die AfD die größte Zustimmung auf dem Land, wo die Wähler*innen ihre wirtschaftliche Lage als eher schlecht beschrieben haben. Außerdem sind viele Wähler*innen von den anderen Parteien enttäuscht und sagen, dass die AfD durch ihr lautes und auffälliges Verhalten für sie „Stärke“ verkörpert. Das alles spricht doch dafür, dass es umso wichtiger ist, unsere Generation stärker einzubeziehen, zu informieren und uns Kontrolle über unsere Zukunft zu geben, anstatt dies den Älteren zu überlassen.
Viele Jugendliche engagieren sich schon: bei Fridays for Future, Demos oder in sozialen Medien. So wollen wir zeigen, dass wir Verantwortung übernehmen können und auch wollen. Ich würde mir wünschen, dass wir nur, weil wir „zu jung“ sind, nicht vergessen werden und andere Mitbestimmungsrechte bekommen, um uns aktiv beteiligen zu können. Es geht schließlich um die Gestaltung unserer Zukunft. Stina Uebe
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