Aufklärung für alle

Torkameras wären ein Gewinn für alle: Schiedsrichter, Vereine und Zuschauer

Es ist keine Frage der technischen Möglichkeiten, in der Diskussion um die Einführung einer Torkamera geht es um Grundsätzliches: Zerstört derlei Schnickschnack die Ursprünglichkeit des Spiels? Fifa-Chef Blatter wird bei diesem Thema gern mal zum Romantiker: „Der Fußball muss sein menschliches Gesicht wahren.“ Man könnte denken, Blatter wolle die Jungfräulichkeit einer Sportart wahren, die sich doch längst verkauft hat. Wer wüsste das besser als Chefverkäufer Blatter selbst.

Daneben gibt es einen weiteren Einwand der Fifa: Wenn so ein Gerät komme, dann müsse es nicht nur in den Eliteligen zum Einsatz kommen, sondern auch auf den Plätzen der Kreisklasse C. Das sei freilich zu teuer. Aber weder das eine noch das andere Argument der Fifa greift: Der Fußball würde mit Torkameras nicht zugrunde gehen, und es müssten mitnichten teure Spähgeräte in unteren Ligen zum Einsatz kommen, denn das wäre völlig unverhältnismäßig. Es handelt sich nur um Schutzbehauptungen. Die Fifa hat wohl Angst davor, dass es mit Torkameras anfängt und mit Auszeiten und größeren Toren aufhört. Aber was spricht schon dagegen, Torkameras hinter den Kästen der Bundesliga aufzuhängen? Es gibt im Zeitalter von Kernspaltung und Internet-Bildtelefonie keinen Grund für die Selbstbeschränkung des Weltverbandes.

Die Top-Schiedsrichter sind für eine Torkamera, jedenfalls haben sie sich 2008 auf einem Uefa-Seminar dafür ausgesprochen. Die Deutsche Fußball-Liga ist nicht abgeneigt, und auch die Vereine wären wohl froh, wenn sie wüssten, dass ein Tor ein Tor ist – oder ein Handspiel auf der Linie ein Handspiel auf der Linie; so geschehen in Leverkusen am Samstag, als der Hoffenheimer Eduardo mit dem Arm auf der Linie klärte, aber nicht bestraft wurde. Die Referees trifft keine Schuld. Mit bloßem Auge war kein Vergehen auszumachen. Wie auch? Der Linienrichter steht 30 Meter entfernt vom Geschehen, dem Schiedsrichter entgehen naturgemäß Nuancen, die nur in Zeitlupe zu sehen sind.

Er ist eh potenziell überfordert. Nur seine Professionalität und die in Jahren gewachsene Intuition retten ihn allwöchentlich vor Blamagen. Macht er dennoch einen Fehler, wird er von den Fernsehanstalten am Nasenring durch die Arena geführt: Seht her, dieses klare Tor hat der Dämlack nicht gegeben? Mit der Einführung einer Torkamera wäre also allen geholfen: den Schiedsrichtern, die mehr Souveränität erlangen würden, den Zuschauern, denen kein Tor unterschlagen wird, und den Vereinen, die nicht um Punkte betrogen werden würden. MARKUS VÖLKER