: Wer schaut in die Zukunft?
Zu Jahresbeginn sind alle Augen auf die Zukunft gerichtet: Was wird uns das neue Jahr bringen? Lassen sich dazu valide Aussagen treffen? Das wäre genau die Aufgabe der Wissenschaft, aber die schwächelt leider beim Thema. Ein voll ausgebildetes Universitätsfach, wie es die Geschichtswissenschaft für die Beschäftigung mit der Vergangenheit verkörpert, gibt es für die Fragen des Künftigen nicht.
Der Ansatz, 1968 den kritischen Wissenschaftsjournalisten Robert Jungk als ersten Zukunftsforscher an die Technische Universität Berlin (TU) zu berufen, hat nie richtig abgehoben. Auch andernorts fand die „Futurologie“ keine akademische Bleibe. Selbst in einem Bundesministerium, das sich als erstes für Zukunftsthemen berufen fühlte, landete das Thema auf der Resterampe. Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2019 gestartete ambitionierte Foresight-Prozess zur Identifizierung von langfristigen Zukunftsthemen wurden vier Jahre später von der neuen FDP-Leitung sang- und klanglos abgewickelt. 112 Trends für die 30er Jahre hatte ein „Zukunftskreis“ von Experten ermittelt. Aber sie, wie auch die Studien eines „Zukunftsbüros“ – etwa über das „Vertrauen in einer zunehmend digitalisierten Welt“ und das neue wirtschaftliche Leitbild „Purpose Economy“ –, wurden zwar noch abgenommen, aber nicht mehr öffentlichkeitswirksam vorgestellt.
Schließlich endete der unter FDP-Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger neu aufgesetzte Prozess einer „Zukunftsstrategie Forschung und Innovation“ für die gesamte Bundesregierung in einem textlichen Torso, der nach dem Ampel-Aus keine Aktualisierung mehr erfuhr. Auch das Begleitgremium „Forum Zukunftsstrategie“ von 21 externen Fachleuten unter Vorsitz der Präsidentin der TU Darmstadt, Tanja Brühl, und Industriepräsident Siegfried Russwurm, das seine Empfehlungen jetzt im März vorstellen wollte, kann sich diese Arbeit sparen.
Über den ungewissen Wissenschaftsperspektiven schwebt als größtes Fragezeichen des Jahres 2025 die Zukunft der Forschungspolitik in Deutschland.
Derzeit kursiert ein Papier mit dem Titel „Vorschläge für die Weiterentwicklung der Forschungs- und Innovationspolitik in Deutschland“. In ihm listen die Innovations-Professoren Carsten Dreher und Uwe Cantner 28 Ideen für eine Innovationspolitik der nächsten Bundesregierung auf. Der gewichtigste Strukturvorschlag lautet: „Forschung, Querschnittsaufgaben der Digitalisierung und Innovation sollten in der Bundesregierung in einem Ministerium gebündelt werden.“ Eine solche Bündelung der Kompetenzen würde nach Einschätzung der beiden Experten „der Forschungs- und Innovationspolitik ihre Handlungs- und Strategiefähigkeit zurückgeben“. Manfred Ronzheimer
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