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Der smarte Wächter des Wassers

Studierende der Leibniz-Uni Hannover haben einen Bio-Sensor für Schwermetalle und Antibiotikarückstände im Wasser entwickelt. Der „HydroGuardian“ hat ihnen beim internationalen Wettbewerb für synthetische Biologie Gold eingebracht

Diesen Kulleraugen entgeht nichts: Hydro Guardian kann helfen, Resistenzen zu bekämpfen Foto: Hydro Guardians/LUH

Von Karima Küster

Ein kleiner blauer Superheld mit großem Kopf, einer Lupe und einem wehenden roten Umhang verfolgt gespannt die Preisverleihung des internationalen Wettbewerbs für synthetische Biologie. Es ist der „Hydro Guardian“ – der Wächter des Wassers –, der als gehäkeltes Maskottchen seinem Team Kraft spendet, das bei dem Igem-Wettbewerb 2024 antritt.

Igem steht für International Genetically Engineered Machine und ist ein Wettbewerb, bei dem jährlich Studierende, Schüler, Unternehmerinnen und Gemeinschaftslabore innovative biologische Systeme entwickeln und präsentieren. 18 Studierende der Leibniz-Uni haben ein Jahr lang an dem Projekt „Hydro Guardians“ gearbeitet und ein Biosensor-System entwickelt, das Schwermetalle und Antibiotikarückstände im Wasser detektieren kann. Dieses Projekt präsentierten sie kürzlich bei der Preisverleihung des Igem-Wettbewerbs in Paris.

„Wir haben es uns natürlich gewünscht, dass wir am Ende mit einer Goldmedaille rausgehen“, erzählt Jan Gelhoet, Teil des Laborteams, „aber manchmal haben wir auch daran gezweifelt, dass wir es schaffen.“ Nach langer Arbeit und einigen Nachtschichten war die Aufregung groß: „Wir saßen alle bei der Preisverleihung und haben mitgefiebert, und als unser Name dann dastand, haben wir uns so gefreut“, erzählt Lisa Marie De Sousa Miranda, eine der beiden Teamcaptains. „Es war ein wunderschönes Gefühl, die Goldmedaille in den Händen zu halten.“

Doch der Weg zu diesem Ziel war lang und nicht immer leicht. Im September letztes Jahres hatte Leon Kasperek, Physikstudent im Master, die Idee, am Igem-Wettbewerb teilzunehmen und wurde von Alexander Heisterkamp und Stefan Kalies darin unterstützt. In offenen Meetings mit Interessierten aus unterschiedlichen Studiengängen kristallisierte sich ein Team heraus.

Zunächst hatte die Gruppe, bestehend aus Studierenden der Biologie, Molekularbiologie und Physik, noch kein festes Thema. „Wir hatten ganz viele verschiedene Ideen am Anfang“, erinnert sich De Sousa Miranda. „Manchmal war es schwierig, unsere unterschiedlichen Hintergründe und Herangehensweisen zu vereinen“, erzählt Kasperek.

Die Studierenden aus der Biologie etwa interessierten sich für die Problematik von Antibiotikaresistenzen, während die Physikstudierenden sich mit Metalldetektion befassen wollten. Nach einigen Diskussionen kristallisierte sich eine gemeinsame Vision heraus: Warum nicht beides kombinieren? Einen Biosensor entwickeln, der sowohl Schwermetalle als auch Antibiotikarückstände im Wasser aufspürt.

Damit benannte das Team ein wichtiges globales Problem: Schwermetalle und Antibiotika in Gewässern tragen zur Entwicklung multiresistenter Krankheitserreger bei, die nicht mit herkömmlicher Medizin behandelt werden können. Deshalb braucht man Technologien zur frühen Erkennung und zur Kontrolle dieser Schadstoffe, um langfristige Umweltschäden und Gesundheitsrisiken zu verringern: Man braucht einen „Hydro Guardian“, der sichtbar macht, ob Wasser sauber oder kontaminiert ist.

„Wir saßen alle bei der Preisverleihung und haben mitgefiebert und als unser Name dann dastand, haben wir uns so gefreut“

Lisa Marie De Sousa Miranda, Teamcaptain

Das Team entwickelte dann einen Biosensor, der durch ein Leuchten erkennen lässt, ob bestimmte Stoffe vorhanden sind. Er verbindet Bestandteile aus einfachen Zellen ohne Zellkern und komplexeren Zellen mit Zellkern. Er nutzt spezielle biologische Funktionen, um Schadstoffe aufzuspüren. Ein Teil davon, die sogenannte PASTA-Domain, erkennt bestimmte Antibiotika. Ein anderer Teil, ein Steuerprotein namens MTF-1, das Gene aktivieren kann, spürt Schwermetalle wie Cadmium, Zink und Kupfer auf. Wenn Antibiotika vorhanden sind, wird ein Signal ausgelöst, das eine fluoreszierende Reaktion erzeugt. Ähnlich funktioniert es bei Schwermetallen: Der Sensor aktiviert bestimmte Gene, die ebenfalls ein Leuchten hervorrufen.

Im Projekt wurde nicht nur der Biosensor entwickelt. Das Team gestaltete zudem ein Kinderbuch und eine Website, um auch junge Menschen für das Problem der Wasserverschmutzung zu sensibilisieren. „Wir wollten verschiedene Zielgruppen erreichen,“ sagt De Sousa Miranda. Insgesamt wurde im Wettbewerb viel Wert daraufgelegt, wie gut die Teams ihre Projekte darstellen können. „Wir haben gelernt, wie wichtig Wissenschaftskommunikation ist“, erzählt Milena Müller, die zuständig für die Website des Projekts war. Dabei spielt auch das Maskottchen, der „Hydro Guardian“, intern auch „Günter Guardian“ genannt, eine wichtige Rolle. Günter dient als roter Faden, der die unterschiedlichen Projektteile verbindet.

Auch der Austausch zwischen den Igem-Teams ist ein wichtiger Teil des Wettbewerbs. Neben Treffen im Vorfeld der Preisverleihung war besonders die Abschlussveranstaltung in Paris ein Highlight. Sousa Miranda resümiert: „Es war toll, so viele unterschiedliche Leute aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen mit unterschiedlichen Interessen kennenzulernen.“

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