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Wegen fehlendem BundeshaushaltBeratungen gegen rechts stehen auf der Kippe

Wegen des gescheiterten Haushalts fehlt mobilen Beratungsteams Planungssicherheit. Der Bedarf für Beratungen sei indes deutlich gestiegen, sagen Organisationen.

Satire-Aktion „Gerechtigkeit wegkegel“ in Hannover Foto: Michael Matthey/dpa

Berlin. taz | Mobile Beratungsteams sind bundesweit im Einsatz, wenn sich rechtsextreme Vorfälle ereignen, Angehörige Verschwörungsmythen anhängen oder sich Jugendliche radikalisieren. Doch den Beratungsteams droht vielerorts die Finanzierung wegzubrechen, weil der Bund für das kommende Jahr noch keinen Haushalt beschlossen hat.

Von der sich daraus ergebenden Planungsunsicherheit berichtete am Dienstag Dominik Schumacher vom Bundesverband Mobile Beratung. Zusammen mit dem Rechtsextremismusforscher Oliver Decker stellte Schumacher den Jahresbericht des Bundesverbands der Mobilen Beratung in Berlin vor.

Demnach seien sich Beratungsteams mancher Regionen nicht sicher, ob etwa anfallende Raummieten im nächsten Jahr noch gezahlt werden können. Auch seien die Stellen vieler Kol­le­g*in­nen in der Mobilen Beratung unsicher. Gleichzeitig sei der Bedarf für Beratungen in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. In manchen Regionen hätten die Beratungsanfragen schon im April die Zahlen aus dem Vorjahr überstiegen, heißt es im Jahresbericht.

„Die Lage ist dramatisch“, berichtet Schumacher. Die extreme Rechte sei in der Offensive, die Alternative für Deutschland (AfD) habe sich zum „parlamentarischer Arm des Rechtsextremismus“ entwickelt. Zudem sei unter Jugendlichen ein neues rechtes Selbstbewusstsein zu beobachten. Im Jahresbericht heißt es dazu unter anderem, Neonazi-Gruppen hätten in „beispiellosem Ausmaß gegen die Christopher Street Days mobilisiert“. Auch Neonazi-Parolen seien zurück im „Mainstream“.

Demokratiefördergesetz gefordert

Angesichts dieser Entwicklungen fordert Schumacher finanzielle Planungssicherheit: „Die Bundesregierung muss gesetzliche Grundlagen für die Förderung der Opfer-, Ausstiegs- und Mobilen Beratung schaffen.“ Der Soziologe Oliver Decker von der Universität Leipzig forderte ein Demokratiefördergesetz: „Es braucht langfristige und planungssichere finanzielle Förderungen von demokratischen Projekten.“ Finanzielle Förderung erhält die Mobile Beratung bisher im Rahmen des Förderprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration.

Decker ist Studienleiter der Autoritarismusstudie, die alle zwei Jahre erscheint. Mitte November wurde die aktuelle Studie vorgestellt. Die Ergebnisse unter dem Titel „Vereint im Ressentiment“ zeigen unter anderem, dass es einen deutlichen Anstieg rechtsextremer Einstellungen in Westdeutschland gibt. Zudem sei Ausländerfeindlichkeit in der öffentlichen Debatte scheinbar mehrheitsfähig. Am stärksten sei „Ausländerfeindlichkeit“ unter AfD-Wähler*innen (61 Prozent) vorzufinden. Unter Wählern von CDU/CSU, SPD, FDP sowie BSW liegt der Anteil jeweils bei rund 20 Prozent.

Das viel beschworene „Wir sind mehr“ gelte nicht mehr für alle Städte und Kommunen, warnte Schumacher. Decker appellierte, die demokratischen Parteien sollten diejenigen unterstützen, die sich für liberale Werte einsetzen, anstatt die Probleme bei „den Ausländern“ zu suchen. „Mir fehlt eine inhaltliche Auseinandersetzung in der Politik mit der Frage, warum die Zustimmungswerte der AfD und Ressentiments in der Bevölkerung zunehmen.“

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