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Krise in MosambikMit vollem Tempo in die Demonstranten

Erneut kommen bei Unruhen in Mosambiks Hauptstadt Protestierende ums Leben. Videos zeigen ein brutales Vorgehen der Sicherheitskräfte.

Der Ton wird schärfer: Venancio Mondlane-Anhänger protestieren gegen den Wahlprozess in Maputo Foto: Luisa Nhantumbo/epa

Maputo taz | Die politische Krise in Mosambik spitzt sich zu. Berichte, dass am Mittwoch Präsident Filipe Nyusi mit einem Hubschrauber aus seinem Amtssitz in der Hauptstadt Maputo in das 500 Kilometer entfernte Küstenressort Vilanculos evakuiert werden musste, haben den Eindruck einer Eskalation mit offenem Ausgang verschärft.

„Alles ist paralysiert“, sagte Universitätsdozent Wilker Dias über die Lage in der Hauptstadt am Mittwoch. Erneut wurde an dem Tag scharfe Munition gegen Demonstranten eingesetzt. Videoaufnahmen zeigen, wie Sicherheitskräfte Tränengas in Häuser schießen und wie ein Polizeifahrzeug mit hoher Geschwindigkeit auf eine Menschenmenge auf einer Straße zurast und eine Frau offenbar schwer verletzt. Die Aufnahmen sorgten weltweit für Empörung. „Wir sind entsetzt über die Berichte, wonach ein Panzerfahrzeug der Polizei eine Protestierende überfährt“, erklärte Volker Türk, UN-Menschenrechtskommissar. Er rief zur Deeskalation auf.

Die Unruhen entzünden sich am Vorwurf der Opposition, wonach der amtlich festgestellte Sieg der regierenden Frelimo (Mosambikanische Befreiungsfront) bei den Wahlen vom 9. Oktober auf Fälschung beruht. Unabhängigen Zählungen zufolge ist die Zahl der Getöteten bei Protesten seither mittlerweile auf 67 gestiegen, davon 10 Kinder. Mehrere hundert Menschen sind verhaftet worden.

„Jeder Tag, an dem die Sicherheitskräfte so vorgehen, heizt den Kreislauf der Gewalt an“, sagt die prominente Menschenrechtsaktivistin Cidia Chissango. „Ich habe keine Ahnung, wo und wie das enden wird. Die Mosambikaner leisten Widerstand, und es bricht mir das Herz, dass wir Menschenleben dafür opfern, dass sie ihre Rechte einfordern“.

Dialogvorstoß ist gescheitert

Unternehmer Francisco Santos sagt: „Wir brauchen eine Intervention von außen. Wir können nicht die Augen verschließen, wenn Sicherheitskräfte am helllichten Tage Protestierende töten. Die Menschen haben ein Recht auf friedlichen Protest.“

Die neue Eskalation folgt auf das Scheitern eines Vorstoßes von Präsident Nyusi, alle politischen Führer zu Gesprächen einzuladen. Hauptoppositionsführer Venancio Mondlane, der sich als den wahren Wahlsieger bezeichnet, sieht die Einladung als Manöver der Staatsmacht, ihn zur Rückkehr aus dem Exil in einem unbekannten Land zu bewegen und ihn dann verhaften zu können.

Mondlane konterte mit einem Aufruf zu einer „neuen Phase“ der Proteste.

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