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„Spart für ein Konny-Denkmal“

Mit der taz-Genossenschaft ist aus Lesern eine große Community geworden, für die Solidarität eine Lebenshaltung ist

Kümmert sich ums notwendige Geld: Konny in der Geno, 13. April 2018 Foto: Karsten Thielker

Von Bernd Blöbaum

Die taz ist in der dynamischen Medienwelt ein besonderes publizistisches Projekt. Sie konnte sich – zwar langsam und mühsam, aber erfolgreich – auf dem schmalen Markt der überregionalen Tageszeitungen etablieren – ein Unterfangen, an dem viele finanziell deutlich potentere Unternehmen gescheitert sind. Das Mitte der 1970er Jahre gestartete Projekt tageszeitung hat viele alternative Medieninitiativen, freie Radios, regionale und lokale Alternativzeitungen überlebt und steht heute als recht solides Medienhaus in der publizistischen Landschaft.

Es liegt eine lange Strecke zwischen den durch Improvisation geprägten Anfängen in der Berliner Wattstraße, wo überwiegend journalistische Laien und im Zeitungsgeschäft Unkundige regelmäßig eine Tageszeitung mit Inhalten abseits des publizistischen ­Mainstreams füllten, und dem professionell durch­organisierten Haus in der Friedrichstraße, in dem Medienprofis in Verlag und Redaktion täglich ein umfangreiches und vielfältiges Angebot produzieren, das gedruckt, als E-Paper, via App oder als taz.de zu Medien­vielfalt und Herstellung von Öffentlichkeit beiträgt.

Für den anhaltenden Erfolg des Projekts tageszeitung gibt es viele Gründe. Die taz hat in ihrer Entwicklung immer wieder kluge Entscheidungen getroffen. Sie hat auf Quotierung gepocht, lange bevor dies bei anderen Medien, in Unternehmen, an Hochschulen und in öffentlichen Verwaltungen zum Standard wurde; sie hat Umweltthemen viel Raum gegeben, lange bevor diese Inhalte in der gesellschaftlichen Mitte ankamen; sie hat den Zeitungsinhalt via Internet zur Verfügung gestellt, bevor andere Medien die Bedeutung des digitalen Netzes erkannten, und sie hat sich, wohl die klügste aller klugen Entscheidungen, als Genossenschaft organisiert. Und sich damit in die Hände ihres Publikums und ihrer Unterstützer begeben. Die schmale Bewegungsinitiative tageszeitung hat sich zum breiten Communityprojekt entwickelt.

Zum taz-Kosmos gehören heute neben der Genossenschaft eine Panter Stiftung, die Foren und Workshops veranstaltet, Volontariate, Stipendien und Preise für zivilgesellschaftliches Engagement vergibt, ein Recherchefonds für aufwendige Auslandsrecherche sowie eine Vielzahl von publizistischen Initiativen von der Unterstützung von Journalisten in Krisenregionen über taz FUTURZWEI und die Beteiligung an Le Monde diplomatique.

Wie eng die Verknüpfung zwischen taz und Community ist, dokumentieren regelmäßig die Befragungen, die wir seit 1993 für die taz machen. Ob Leserinnen, User oder Mitglieder der Genossenschaft: Über die Jahre ist hier eine sehr enge, ja herzliche Beziehung gewachsen, die in der deutschen Medienlandschaft wohl ohnegleichen ist. Was schätzt das Publikum an der taz? Konstant an erster Stelle steht die Konzernunabhängigkeit der taz, die in der Organisation als Genossenschaft zum Ausdruck kommt und durch die Geno gesichert wird.

Dass sich Leserschaft und taz einer Gemeinschaft zugehörig fühlen, zeigt sich darin, dass zwei Drittel sich dem taz-Projekt solidarisch verbunden fühlen. Solidarität ist für die Genossinnen und Genossen Teil ihrer Lebenshaltung. Bei der Genossenschaftsbefragung 2021 gaben fast zwei Drittel an, neben der taz noch Projekte im sozialen Bereich zu unterstützen, und knapp die Hälfte hilft zusätzlich im politischen Sektor.

Fast alle Befragten (99,5 Prozent) nennen als Grund für die Mitgliedschaft in der Genossenschaft den Wunsch, die taz solle unabhängig bleiben; fast ebenso hoch ist der Anteil derjenigen, denen an einer vielfältigen Medienlandschaft gelegen ist, und 97 Prozent finden generell die Idee einer Solidargemeinschaft in Form einer Genossenschaft gut. Auch die Aufstockung von Genossenschaftsanteilen ist von diesen Motiven getragen. Das soziale Netzwerk Genossenschaft wird als Garant für die wirtschaftliche Unabhängigkeit der taz gesehen (99 Prozent Zustimmung) und als Einrichtung, die Redaktion und Verlag das notwendige Kapital für die Weiterentwicklung der taz beschafft (97 Prozent Zustimmung).

Der taz-Journalismus, für den die Redaktion verantwortlich zeichnet, ist die öffentlich präsente Seite des taz-Projekts. Den publizistischen Output ermöglichen und managen, gewissermaßen backstage, die Genossenschaft und der Verlag als Bindeglieder zwischen Medium und Publikum. Die auf der journalistischen Vorderbühne Aktiven sind sichtbarer – ohne den Apparat im Hintergrund aber gäbe es die publizistische Bühne ebenso wenig wie das Medienhaus taz insgesamt.

Dass das Projekt tageszeitung nach wie vor stabil und verlässlich ist, verdankt sich auch umsichtigen Akteuren auf der Hinterbühne. Neben vielen anderen Kalle (Ruch) und Konny (Gellenbeck), ein K.-u.-k.-Team, das sich ums notwendige Geld kümmert(e). Das von Konny aufgebaute und über viele Jahre geleitete Genossenschaftsteam erhielt bei den Befragungen immer Bestnoten für die Arbeit (letzter Notendurchschnitt: 1,52).

Die kompetente und sehr persönliche Art des Umgangs mit den Genossinnen und Genossen hat viele für die taz eingenommen. Dies unterstreichen einige Zitate aus den zahlreichen offenen Antworten bei Genossenschaftsbefragungen.

Gelobt werden „die Schreiben von Konny Gellenbeck, sie sind auf den Punkt gebracht und trotzdem sehr persönlich gehalten“; für ein Geno-Mitglied ist die taz „Teil meines Lebens seit 35 Jahren … Immer noch die beste Zeitung. Und tolle Leute. Allen voran Konny Gellenbeck.“

Jemand regte bereits 2014 an: „Spart schon mal für ein Denkmal für Konny Gellenbeck und ihr Geno-Team“; denn: „Konny ist ein absoluter Glücksfall für die Genossenschaft.“

Bernd Blöbaum macht seit 1993 Leser- und Geno-Befragungen für die taz. Er ist Seniorprofessor am Institut für Kommuni­ka­tionswissenschaft der Univer­sität Münster.

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