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Weltklimakonferenz in BakuDas Ziel vor Augen, nur Zahlen nicht

Am Tag vor dem Ende des Gipfels in Aserbaidschan wird ein Beschluss greifbar. Wer wieviel zahlen soll, bleibt unklar. Die EU findet das „ungenügend“.

Hält den Entwurf für das globale Finanzierungsziel für „inakzeptabel für ambitionierte Staaten“: Wopke Hoekstra, EU-Klimakommissar Foto: Rafiq Maqbool/ap

Baku taz | Der Weltklimagipfel in Aserbaidschans Hauptstadt Baku geht in die heiße Phase. Einen Tag, bevor die UN-Konferenz am Freitag offiziell enden soll, lag am frühen Donnerstagmorgen ein Textentwurf für ein neues globales Finanzierungsziel für die Zeit nach 2025 vor. Das soll auf dem Gipfel vereinbart werden, um weltweit mehr Mittel für den Klimaschutz, die Anpassung und die Bewältigung von Schäden und Verlusten für die ärmsten Länder zu mobilisieren. In der Pflicht sind die Industriestaaten, die die Klimakrise maßgeblich verursacht haben. Klar ist: Es müssen deutlich mehr als die bis 2025 vereinbarten jährlich 100 Milliarden US-Dollar zusammenkommen, um den Bedarfen gerecht zu werden.

Konkrete Zahlen lässt das Dokument jedoch vermissen. Der Entwurf enthält zwei Optionen: entweder die Festlegung auf konkrete Mittel in Höhe von Billionen US-Dollar jährlich, die von den Industrieländern jährlich von 2025 bis 2035 bereitgestellt werden. Oder eine „Aufstockung der globalen Finanzmittel“ für Klimaschutzmaßnahmen pro Jahr bis 2035 aus allen Finanzquellen, einschließlich inländischer Ressourcen. Option 1 entspricht der Sichtweise der Entwicklungsländer, Option 2 die der Industrieländer.

EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra bezeichnete den Text als „inakzeptabel für ambitionierte Staaten“. Es sei noch viel Arbeit zu leisten, sagte er vor Jour­na­lis­t*in­nen in Baku. Eine genaue Summe, wie viel die EU an Zahlungen beisteuern will, ließ allerdings auch Hoekstra offen. Ver­tre­te­r*in­nen der EU bringen 200 bis 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr ins Spiel. Am Vortag hatte ein Delegierter der Entwicklungsländer und afrikanischen Staaten das als „einen Witz“ bezeichnet.

Für Marc Weissgerber, Klimafinanzierungsexperte und Geschäftsführer vom Thinktank E3G, zeigt der jetzt vorgelegte Entwurf, wie weit die Vorstellungen von Entwicklungsländern und Industrienationen auseinanderliegen. „Eine substanzielle Annäherung lässt sich nicht erkennen.“

Keine konkreten Zahlungsziele

Die erste, von den Entwicklungsländern vorgebrachte Option, enthält strenge Unterscheidungen verschiedener Geldströme und letztendlich eine kleinere Summe, die tatsächlich als Klimafinanzierung bezeichnet werden kann und zum gemeinsamen Klimafinanzierungsziel der Industriestaaten, dem sogenannten New common quantified goal (NCQG) zählen darf.

Es enthält außerdem Vorschläge dazu, wie sich auch Länder wie China durch sogenannte „Süd-Süd-Kooperationen“ außerhalb des NCQG an der Finanzierung beteiligen könnten. Gerade die Inselstaaten, die katastrophale Auswirkungen durch die ansteigenden Meeresspiegel befürchten, fordern aktuell mit Nachdruck Geld von den Industrieländern.

Option zwei ist die von den Industriestaaten vorgebrachte, die vorsieht, alle Finanzströme der Klimafinanzierung, also Kredite, Subventionen als auch Privatfinanzierungen, zum NCQG zu zählen. Auffällig an dieser Option ist, dass sich die Industriestaaten noch nicht auf eine genaue Geldsumme festlegen, die in den Globalen Süden fließen soll. Das hatte Corinne Kowalski vom WWF bereits befürchtet. „Aber wir hatten schon gehofft, dass es bis heute morgen ein konkretes Angebot geben würde.“ Das war nun nicht der Fall. „Das bedauern wir.“, so Kowalski. Am Ende dürfte es vermutlich auf ein Ergebnis hinauslaufen, was irgendwo in der Mitte der beiden Vorschläge liegt.

Es ist aber nicht so, dass sich in Baku auf gar nichts geeinigt wurde. Eine konkrete Entscheidung gab es etwa dazu, dass die Klimafinanzierung bis 2035 laufen soll. Positiv zu bemerken ist laut David Ryfisch von Germanwatch die Tatsache, dass der Entwurf das „Polluters Pay Principle“ erwähnt, also das Verursacherprinzip.

Kein Bekenntnis zum fossilen Ausstieg

Es würde stark emittierende Sektoren und Unternehmen zur Verantwortung ziehen, sich ebenfalls an der Klimafinanzierung zu beteiligen. Außerdem geht es in dem Entwurf stark um Mechanismen für die sogenannte „Just transition“, also einen sozial verträglichen Gesellschafts- und Wirtschaftswandel bei der Energiewende. Was im Entwurf allerdings fehlt, ist ein klares Bekenntnis zum fossilen Ausstieg. Vielmehr beruft man sich auf Technologieoffenheit und definiert nicht genauer, ob das fossile oder nukleare Energie beinhaltet oder auch CO2-Speichermethoden (CCS) oder CO2-Abscheidung und Nutzung, zwei umstrittene Technologien.

Eigentlich sollte auf der COP in Baku auch eine Einigung zu den National Adaptation Plans (NAP), also zu Anpassungsplänen einzelner Staaten an die Erderwärmung gefunden werden. Das wurde auf nächstes Jahr verschoben. Die Konferenz wird – wie ihre Vorgängerveranstaltungen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht wie geplant am Freitag beendet, sondern dauert bis Samstag, vielleicht bis Sonntag.

Viviane Raddatz vom WWF sieht die Zeit für gute Ergebnisse auf dem Klimagipfel davonlaufen. „Wir müssen die Klimakrise stoppen und dafür brauchen wir Geld“, mahnte die Klimachefin der NGO. Es bereite ihr große Sorgen, dass aktuell keine Summe im Entwurf zu finden sei. „Alles, was wir heute nicht investieren, fällt morgen doppelt und dreifach als reine Kosten auf uns zurück“, erinnerte sie. „Wir erwarten von der Präsidentschaft, sich in diesen finalen Stunden nun voll in die Verhandlungen zu werfen.“

Die aserbaidschanische Gipfelleitung betonte, dass die Entwürfe zum Finanzziel nicht endgültig seien. Sie kündigte einen weiteren, kürzeren Entwurf für Donnerstagabend an, der dann auch Zahlen enthalten soll. „Wir befinden uns jetzt im Endspiel und glauben, dass ein Durchbruch in Baku in Sicht ist.“

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