DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL : Nächster Halt DDR
DIENSTLEISTUNG In der Bahn gilt noch das gute alte Sprichwort: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
Der ICE fährt an, das Bordrestaurant ist voll besetzt. Zwei Drittel der Gäste checken per Handy oder Netbook ihre Mail, während sie auf die Bedienung warten.
Nach 10 Minuten erscheint eine Dame Mitte fünfzig in DB-Uniform. Grußlos geht sie von Tisch zu Tisch und stellt Pappschilder auf. Darauf steht: „Bitte, verzichten sie auf die Nutzung elektronischer Geräte. Ihre Mitreisenden danken es ihnen.“ Meine Mitreisenden sind eher verwundert, schalten aber ihre Geräte aus – bis auf den Herren mir gegenüber, der weiter in sein Netbook tippt.
Was die DB-Dame nicht zu stören scheint, die sich mittlerweile vor unserem Tisch aufgebaut hat und – wieder ohne Gruß – „Bitte?“ sagt. Der Herr mit dem Netbook reagiert gar nicht, ich bestelle drei Nürnberger Würstchen mit einem Klecks Kartoffelsalat für 5,50 Euro. „Dazu?“, fragt die Servicekraft weiter. Ich wünsche schwarzen Tee, sie nickt und geht an den nächsten Tisch, um die Bestellungen der anderen Fahrgäste aufzunehmen.
Fünf Minuten später steht sie wieder vor mir: „Würstchen sind aus.“ Als alter DDR-Besucher suche ich mir kein weiteres Gericht auf der Karte, sondern frage gleich: „Was ham’se denn?. „Na, alles andere auf der Karte“, sagt die Dame, die offenbar schon öfter Wessis abgewimmelt hat. Ich bestellte grüne Bandnudeln mit Soße für 8,90 Euro, die ich zu Hause für 10 Prozent des Preises anfertigen könnte. Aber ich habe Hunger. Jetzt. Und hier.
Nach weiteren 10 Minuten steht sie Dame wieder vor meinem Tisch. „Tee geht nicht.“ Erst als ich verstört gucke, fügt sie hinzu, dass die Espressomaschine in dem Küche genannten Kabuff die einzige Möglichkeit im Zug ist, Wasser zu erwärmen. Ich bestelle eine Cola (2,60 Euro), weil ich ahne, dass ich nach den Nudeln irgendein Getränk zum Runterspülen brauchen werde.
Als Speis und Trank 15 Minuten später endlich auf dem Tisch stehen, traue ich mich doch noch, nach dem Elektrogeräteverbot zu fragen. „Können Sie nicht lesen?“, fragt die Dame unwirsch und zeigt in Richtung des „Rauchen verboten“-Symbols. Ja, da über dem Abteilfenster prangt noch ein Zeichen – ein durchgestrichenes Handy. „Ja, aber warum …“, setzte ich an. „Da hat sich wohl wer beschwert“, fällt mir die Dame ins Wort, „ist ja auch kein Wunder: Das hier ist schließlich kein Büro, sondern ein Restaurant.“ RÜDIGER ROSSIG