: Gabriel auf Abruf
Niedersachsens Ex-Ministerpräsident bereitet sich offensichtlich auf ein Mandat in Berlin vor
Von der „Gracia unter den Parteien“ witzeln sie bei der niedersächsischen SPD über sich selbst in Anspielung auf den vergeigten Grand Prix. Ansonsten zeigt sich die ehemalige Regierungspartei am Tag nach dem Erdrutsch zutiefst gespalten. „Ich weiß nicht, was Herr Müntefering sich bei dem Vorschlag für Neuwahlen gedacht hat“, lässt sich Landesparteichef Wolfgang Jüttner zitieren. Er habe vom Coup der Berliner nichts gewusst. Und redet von der „großen technischen Herausforderung“, die die Organisation der bevorstehenden Bundestagswahlen für die sieche Landespartei bedeute. Im Klartext: Er hält Münteferings Idee wohl für Harakiri.
Ein anderer SPD-Grande verhält sich dagegen ausnahmsweise parteitragend: Er wolle einen harten Themen- und Personenwahlkampf führen, sagt der ehemalige Ministerpräsident Sigmar Gabriel. Übers Programm will er anders als Jüttner nicht mehr reden. Zudem gehe es zur Zeit um die SPD, nicht um rot-grün. Deren „bürokratische Konzepte“ seien oft „mehr als nur hinderlich“. Es gehe auch nicht „um den Richtungsstreit in der SPD, sondern um den Richtungsstreit in Deutschland“, tönt der Mann, der vielen lange als Quertreiber ohne politische Zukunft galt.
Gabriels Jahre als Oppositionsführer in Hannover haben gezeigt, dass es wohl keine gute Idee war, den Wahlverlierer mit diesem Posten zu betrauen. Ganz anders Ministerpräsident Christian Wulff (CDU): Der konnte sich auch gestern vor Fragen kaum retten, wieso nicht er als beliebtester Politiker des Landes die K-Frage für sich entscheidet.
Immerhin hatte sich zuletzt sogar Vorvorgänger Gerhard Schröder ohne erkennbare Not auf dem Bezirksparteitag der Braunschweiger SPD blicken lassen, deren Chef Gabriel ist. Wieviele Mittvierziger hat die Bundespartei noch? Gabriel kann offenbar nicht widerstehen. Offenbar spekuliert er auf ein Bundestagsmandat und zwar auf den bombensicheren Wahlkreis Salzgitter, auf dessen Ticket noch der Parlamentarische Bundesgeschäftsführer Wilhelm Schmidt fährt. Gestern war Gabriel dazu nichts Konkretes zu entlocken. Zu NDR Info sagte er, dass er zur Zeit Fraktionschef in Hannover sei und auch „erst mal gedenke“ das zu bleiben.Kai Schöneberg