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Belarusischer Dissident in Berlin„Das Gute kann das Böse noch besiegen“

Ein Jahr lang saß er in Serbien in Haft und Hausarrest, weil Belarus ihn über Interpol suchen ließ. Nun dankt der Dissident Andrey Gnyot seinen Unterstützern.

Geht hart gegen Dissidenten vor: der belarusische Diktator Alexander Lukaschenka Foto: Sergei Ilnitsky/reuters

Berlin taz | Der am 31. Oktober aus serbischem Hausarrest entlassene belarusische Aktivist, Filmemacher und Journalist Andrey Gnyot hat am Wochenende, zusammen mit seinen Anwältinnen Anna Matsiyeuskaya und Maryia Kolesava-Hudzilina, eine Pressekonferenz bei der Menschenrechtsorganisation Libereco in Berlin gegeben. Gnyot wurde am 30. Oktober 2023 infolge eines von Belarus erlassenen Interpol-Haftbefehls mit dem Scheinvorwurf der Steuerhinterziehung in Belgrad festgenommen. Sieben Monate verbrachte der Aktivist im serbischen Gefängnis, fünf Monate unter Hausarrest. In dieser Zeit kämpften seine Mitstreiter und er gegen eine Auslieferung nach Belarus, wo ihm Folter drohte.

Zu Beginn der Pressekonferenz hielt Gnyot eine lange Dankesrede, in der er unter anderem verschiedene Menschenrechtsorganisationen, die Bundesregierung und Diplomaten zahlreicher Länder erwähnte. Auch den Menschen in Serbien, die ihm geholfen hätten, und der serbischen Regierung gegenüber zeigte er sich dankbar. Letztere hatte auf massiven internationalen Druck hin seine Ausreise nach Berlin schließlich ermöglicht.

Im August hatten bekannte internationale Persönlichkeiten aus der Filmbranche wie Agnieszka Holland, Wim Wenders und Béla Tarr einen offenen Brief unterzeichnet, der an die serbischen Behörden gerichtet war und vor Gnyots Auslieferung an Belarus warnte. Auch das persönliche Engagement der belarusischen Oppositionsführerin Sviatlana Tsikhanouskaya, die den serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić persönlich darum bat, den Aktivisten freizulassen, durfte maßgeblich zu seiner Befreiung beigetragen haben.

Gnoyt erinnerte während der Pressekonferenz daran, dass aktuell über 1.300 politische Häftlinge in belarusischen Gefängnissen unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten werden. „Ich will, dass die internationale Gemeinschaft diese Leute nicht vergisst“, so der ehemalige politische Häftling. Es müssten größere Anstrengungen zu ihrer Freilassing unternommen werden. „Ich kämpfte für Gerechtigkeit und darum, mein Leben zu retten. Und praktisch das ganze Jahr war es so, als ob ich nicht gehört werde“, sagte er. Zweimal entschied das oberste Gericht in Serbien, er solle nach Belarus ausgewiesen werden. „Wenn nicht das Berufungsgericht gewesen wäre, hätte man mich längst ausgeliefert und Folter und Tod ausgesetzt“, gab Gnyot zu verstehen.

Mithilfe von Interpol gegen politische Gegner vorgehen

Obwohl Gnyot in Serbien keine Misshandlung erfuhr, war die psychische Belastung enorm

Sowohl Russland als auch Belarus missbrauchen das Interpol-System, um Regimegegner im Ausland zu bestrafen. Gnyot engagierte sich zivilgesellschaftlich gegen das Lukaschenko-Regime, und gründete die unabhängige Sport-Vereinigung „SOS by“ mit, die die staatliche Gewalt gegenüber Demonstrierenden nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen 2020 anprangerte.

Trotz der Freilassung „sei noch nichts vorbei“, betonte Gnyots Anwältin Kolesava-Hudzilina. Der Prozess in Serbien könne sich noch über Jahre hinziehen und das belarusische Regime könnte versuchen, seine Auslieferung auch aus anderen Ländern zu bewirken. Zudem stehen die beiden Anwältinnen durch ihre Arbeit nun selbst im Visier Lukaschenkos.

Obwohl Gnyot in Serbien keine Misshandlung erfuhr, war die psychische Belastung enorm. Sein Gesundheitszustand hat sich verschlechtert, sein linkes Bein ist teilweise gelähmt. Er könne gerade keinerlei Gefühle empfinden und müsse erst einmal wieder zu sich kommen, berichtete der Aktivist. Sein Leben während des vergangenen Jahres, verbunden mit hohen Prozess- und Anwaltskosten, hätte ihn mindestens 50.000 € gekostet. Er sei jetzt hoch verschuldet.

Am Vortag der Pressekonferenz wurde bekannt, dass der 22 Jahre alte Russe Dmitri Schletgauer in einer belarusischen Strafkolonie gestorben ist. Es ist der siebte bestätigte Todesfall politischer Gefangener in Belarus. Und trotz allem hat Gnyot Hoffnung: „Mein Fall hat gezeigt, dass das Gute noch das Böse besiegen kann“.

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