: Emotionen in der Ostkurve
Zweitligist Hertha BSC Berlin besiegt im Pokal Erstligist FC Heidenheim mit 2:1 und wird dabei vom Schiedsrichtergespann begünstigt
Aus Berlin Fridolin Haagen
Die Fans von Hertha BSC träumen jedes Jahr vom Pokalfinale, beim FC Heidenheim sehen die Wunschvorstellungen anders aus. In vier Wochen steht das Heimspiel gegen den FC Chelsea in der Conference League an, und ein gutes Abschneiden im internationalen Geschäft war schon mal nicht schlecht. Dementsprechend unterschiedlich sah dann auch die Aufstellung der beiden Trainer am Mittwochabend im DFB-Pokalspiel aus. Heidenheims Frank Schmidt tauschte auf acht Positionen im Vergleich zum torlosen Unentschieden gegen Hoffenheim, währenddessen schickte Cristian Fiél seine beste Elf auf den Rasen.
In der ersten Halbzeit war nicht zu erkennen, welche Mannschaft im Unterhaus spielt und welche in der höchsten Liga. Nach etwas mehr als einer Viertelstunde scorte die Hertha. Über Umwege kommt der Ball vom 18-jährigen Ibrahim Maza zum drei Jahre älteren Derry Scherhant, dieser hat aus kurzer Distanz keine Probleme. Die beiden Protagonisten des ersten Tores sind nicht nur sehr jung, sondern auch beide Vertreter des „Berliner Wegs“. Die hohe Frequenz von gebürtigen Berlinern in den Reihen von Hertha BSC führt zu einer hohen Identifikation der Fans mit dem aktuellen Team.
Berlin kam im ersten Durchgang zu weiteren guten Tormöglichkeiten und spielte doch recht dominant. „Das war die beste Halbzeit der ganzen Saison“, sagte Mittelstürmer Florian Niederlechner, seiner Meinung nach hätte Hertha in den ersten 45 Minuten zwei Tore mehr machen müssen. Heidenheim ließ nur gelegentlich seine spielerische Klasse aufblitzen, doch in der zweiten Halbzeit änderte sich das Bild. Die Berliner ließen sich aber von der Drangphase der Gäste nicht allzu sehr beeindrucken, nach einer knappen Stunde kontrollierte Hertha das Spielgeschehen wieder. Cuisance, der nach dem Geschmack der Hertha-Fns etwas zu viel herumtrickste, traf zum 2:0. Die Schlussphase wurde von einer extrem kuriosen Entscheidung des Schiedsrichtergespanns überschattet. Zunächst hatte der Heidenheimer seinen Klub noch einmal herangebracht, bevor der eingewechselte Paul Wanner zum 2:2 traf, ebenfalls per Kopf. Doch während die 44.135 Zuschauer sich auf eine Verlängerung einstellten, wurde der Treffer zurückgenommen. Erleichterung und Weiterkommen auf der einen Seite, Entrüstung und Unverständnis auf der anderen. Dem VAR wird ja vorgeworfen, dass durch das intransparente Vorgehen dem Publikum die Emotionen genommen würden. Die gab es hier reichlich.
Im Stadion selber wusste niemand, worum es ging. Als dann die ersten Fans im Internet nach Antworten suchten, war überall nur von einer krassen Fehlentscheidung die Rede. So oder so: Die Entscheidung bleibt fragwürdig. Der verdiente Sieg der Hertha schmeckt nun ein wenig fade. Nach teils chaotischen Spieltagen mit kruden VAR-Entscheiden wurde die Hoffnung, eine Pokalrunde ohne Schiri-Drama erleben zu dürfen, zunichte gemacht.
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