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das wird„Es gibt bei uns keine gemischten Saunen“

In Lüneburg wirft ein Film Blicke in die estnische Rauchsauna

Interview Wilfried Hippen

taz: Frau Rupp, Sie geben im Lüneburger Kino Scala eine Einführung zu „Smoke, Sauna, Sisterhood“ von Anna Hints. Was interessiert Sie so an diesem Dokumentarfilm?

Ingrid Rupp: Ich bin in Estland geboren und lebe jetzt seit fast 26 Jahren in Deutschland. Im Herzen bin ich aber eine Estin geblieben und das Thema Sauna hat bei uns eine sehr lange Tradition. Wenn in Estland ein Haus gebaut wird, wird auf jeden Fall eine Sauna mit eingeplant. Die Regisseurin Anna Hints stammt aus dem Südosten von Estland und da sind die Rauchsaunen sehr verbreitet. Das sind kleine Hütten, die keinen Schornstein haben. Sie werden mit Holz befeuert und so entwickelt sich in ihnen viel Rauch.

taz: Diese Tradition wurde von der Unesco sogar zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt.

Rupp: Genau, und weil diese Hütten so klein und dunkel sind, bieten sie einen Raum, in dem man sich freimachen kann. So sind im Rahmen des Films in der Sauna Gespräche entstanden, die sehr tief gehen und in denen es um intime Themen wie eine Vergewaltigung oder das Verhältnis zum eigenen Körper geht.

taz: Auch auf der Bildebene geht es um weibliche Körper: In der Sauna sind alle nackt.

Foto: privat

Ingrid Rupp

stammt aus Tartu, betreibt einen Resthof im Kreis Lüneburg und ist Mitglied der Deutsch-Estnischen Gesellschaft.

Rupp: Ja, aber hier werden die Körper nicht inszeniert und sexualisiert, wie wir das sonst aus den visuellen Medien kennen, sondern einfach so gezeigt wie sie sind.

taz: Der Film läuft sowohl in der Reihe „Nordöstliche Spuren im Kino“ als auch in der Reihe „Frauen drehen auf“. Was ist Ihnen dabei wichtiger?

Rupp: Das kann ich gar nicht voneinander trennen. Aber wir Esten sind sehr verbunden mit unserem Land, weil wir in der Vergangenheit von vielen anderen Völkern besetzt wurden. Darum ist für uns das Thema der Identität sehr wichtig.

taz: Gehen in Estland Frauen und Männer denn immer getrennt in die Sauna?

Filmvorführung „Smoke, Sauna, Sisterhood“, estnisch mit deutschen Untertiteln, 29. 10., Scala Lüneburg, 19.30 Uhr

Rupp: Ja. Es gibt bei uns keine gemischte Saunen. In meiner Familie bin ich immer mit meiner Mutter und meiner Schwester in die Sauna gegangen.

taz: Statt einem Saunabesuch gibt’s nach der Vorführung einen kleinen Imbiss. Was wird denn da gereicht?

Rupp: Eine Spezialität aus Estland: Kiluvoileib. Das sind eingelegte Strömlinge auf Schwarzbrot mit einer Scheibe gekochtem Ei. Es gehört zu unserer Kultur, dass nach der Sauna gemeinsam gegessen und getrunken wird.

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