Reparaturbonus im Schwarzbuch: Viva la Bonus

Der Bund der Steuerzahler kritisiert die Verschwendung von Steuergeldern in Berlin.

Foto: dpa | Uli Deck

Omas Plattenspieler aus den Siebzigern ist technisch vielleicht nicht mehr das modernste Gerät, aber er ist voller Erinnerungen. Diesen robusten Plattenspieler kaufte sich meine Oma von ihrem allerersten Gehalt als Gastarbeiterin in Deutschland, das war 1973. Wir hörten uns jeden Abend türkische klassische Musik von Zeki Müren an. Beim Putzen hörte Oma gerne türkischen Rock von Cem Karaca. Auch als der Onkel, den niemand kannte, starb, hörten wir Musik, während Oma weinte. Während der Jahrtausendwende, da spielte Oma auch Musik, wir hörten nämlich „Alles, was gut tut“ von Udo Jürgens, während wir vom neuen Jahrhundert träumten.

Wie alle elektronischen Geräte ging auch dieser Plattenspieler irgendwann kaputt. Das war absehbar. Nicht absehbar war jedoch, wie schwierig sich die Reparatur von solch einem alten Gerät gestalten würde.

Wegschmeißen und einfach einen neuen kaufen? Klar, das wäre die einfachste, schnellste und auch günstigste Lösung. Die gängigen Elektrofachhändler sind überfordert, denn ein spezielles Kabel aus den 1970ern, das die neuen Boxen mit dem alten Verstärker verbinden soll, wird seit Jahren nicht mehr produziert. Mir wurde geraten, das Gerät einfach zu entsorgen, denn alte elektronische Geräte müssten irgendwann ohnehin zur BSR gebracht werden. Nach meinen eigenen etlichen Versuchen, den Plattenspieler zu reparieren, stand er zwei Jahre ungenutzt, in einer Ecke mit einer dicken Staubschicht.

Der Reparaturbonus ist sinnvoll und keine Verschwendung

Bis der Reparaturbonus Mitte September dieses Jahres eingeführt wurde. Auch wenn vieles in Berlin nicht rund läuft, scheint dieser Bonus einwandfrei zu funktionieren. Klar, man hat mit der üblichen deutschen Bürokratie zu kämpfen, aber die funktioniert reibungslos und ganz ohne Papierkram. Omas Plattenspieler ist inzwischen entstaubt und funktionsfähig wie eh und je.

Doch es scheint, als wären die Leute vom Bund der Steuerzahler nicht besonders erfreut über diesen Reparaturbonus. Vielleicht verstehen sie den Sinn nicht, vielleicht wollen sie auch einfach nur das Schwarzbuch vollschreiben. Berlin verschwende öffentliche Gelder und die Reparatur von Geräten wie Toastern oder Waschmaschinen sei nicht die Verantwortung des Staates, sondern ein Thema der privaten Lebensführung, argumentieren sie. Dabei ist es doch längst an der Zeit, dass Berlin eine funktionierende und sinnvolle Förderung ins Leben ruft, die aus Steuergeldern finanziert wird. Schließlich sieht man auch regelmäßig Elektrosperrmüll auf den Straßen der Stadt – in Neukölln muss man ständig über alte Fernseher, Computer und Waschmaschinen klettern.

Die 11.263,12 Euro, die das Bezirksamt Lichtenberg in ein Deluxe-Kochbuch für alte Brotreste gesteckt hat, sind allerdings wirklich eine Steuerverschwendung und einen fetten Eintrag im Schwarzbuch wert. Wenn man mit seinen Brotresten nichts anzufangen weiß, kann man sie auch einfach an die Tauben auf dem Karl-Marx-Platz verfüttern. Hat Oma übrigens auch gemacht. Ganz ohne Steuergelder aus­geben zu müssen. Zumal in einer digitalen Welt ebenfalls die Möglichkeit besteht, einfach Rezepte im World Wide Web zu suchen.

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