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Irgendwie Kunst, irgendwie Hamburg

Von der Kunsthochschule bis zum Metalfestival: Das Filmfest Hamburg zeigt drei Filme, in denen es um ganz unterschiedliche Künst­le­r:in­nen geht. Und mit Hamburg haben alle irgendwie auch zu tun

Von Wilfried Hippen

Die Hamburger Filmemacherin Katharina Pethke wurde quasi im Kino geboren: Im Kreißsaal der Geburts- und Frauenklinik in der Finkenau 35 werden heute Filme gezeigt, denn das umgebaute Gebäude beherbergt jetzt die Media Art School. Pethkes Essayfilm „Reproduktion“ wird dort am kommenden Samstag um 12 Uhr in der Sektion „Hamburger Premiere“ des Filmfestes gezeigt, das am Donnerstag beginnt. In dem 111-minütigen Film erzählt Pethke die Geschichte der Frauen in ­ihrer Familie und zugleich die Geschichte der Hamburger Kunsthochschule.

Schon Pethkes Großmutter, Rosemarie Schramm, studierte an der Hochschule für bildende Künste (HFBK) – ebenso wie später ihre Mutter und sie selbst, bevor sie Professorin wurde. Einen persönlicheren Zugang zur Schule kann es kaum geben. Dabei geht es Pethke um mehr als ihre Familie: In „Reproduktion“ analysiert Pethke die Schwierigkeiten von Frauen, als Künstlerinnen zu leben, sich durchzusetzen und anerkannt zu werden. Ihre Großmutter war eine außergewöhnlich begabte Zeichnerin, gab ihre Kunst aber auf, weil sie ihre vier Kinder großziehen musste. Dasselbe Muster wiederholte sich in der nächsten Generation der Familie, bis Katharina Pethke sowohl als Mutter als auch als Künstlerin leben konnte.

Pethke kann die Geschichte der HFBK erzählen, weil ihre Familien­geschichte und die der Hochschule eng miteinander verwoben sind. Und auf einer dritten Ebene zeigt sie, was und wie heute an der Hochschule gelehrt wird: In kurzen Sequenzen sieht man Studierende beim Aktzeichnen, wie Bilder für eine Ausstellung gehängt werden, eine Dozentin bei der Bildbetrachtung mit ihren Studentinnen oder wie eine Skulptur vom Künstler aus der Gussform geschält wird. Diese Impressionen wirken wie Kontrapunkte zu den Beschreibungen der Lebensumstände der drei Frauen, bei denen Katharina Pethke mit historischem Material wie Archivaufnahmen, ­Fotos, Zeitungs­artikeln und anderen Texten arbeitet und Zeit­zeu­g*­in­nen befragt. Auch hier gelingt ihr die Verbindung von Sachlichkeit und Poesie.

Um eine ganz andere Kunst und ihre Orte geht es hingegen in der finnischen Komödie „Heavier Trip“. Der Film ist die Fortsetzung von „Heavy Trip“ über die fiktive Metalband Impaled Rektum, der in der Filmfest-Sektion „Hamburger Premieren“ gezeigt wird, weil er von der Hamburger Firma Heimathafen koproduziert wurde und weil fast die Hälfte des Films auf dem Gelände des Metalfestivals in Wacken und in Rostock gedreht wurde. Denn, wie bei Fortsetzungen von Erfolgsfilmen üblich, musste auch hier alles größer und teurer werden.

Tatsächlich gelingt den beiden Autoren und Regisseuren Jukka Vidgrem und Juuso Laatio die Fortsetzung so komisch wie der Vorgänger, wenn sie die Band zuerst in Finnland aus dem Knast ausbrechen und dann von einer schießwütigen Vollzugsbeamtin durch Norddeutschland jagen lassen. Besonders sehenswert ist eine Verfolgungsjagd durch die schmucke Altstadt von Rostock und später die Höllenfahrt eines Musikmanagers, der sich als ein wahrer Teufel entpuppt. Schön ist auch die Idee, dass es in Rostock einen Antiquitätenladen geben könnte, in dem teure Erinnerungstücke von Rockmusikern verkauft werden: die ewig brennende Gitarre von „Jimi“ oder das Minimodell von Stonehenge aus dem Film „Spinal Tab“, der 1984 von der gleichnamigen (halb-)fiktiven Heavy-Metal-Band erzählte und dem die Filmemacher so als ihrer Inspirationsquelle die gebührende Ehre zukommen lassen.

Mit Musik und zumindest irgendwie mit Hamburg zu tun hat auch Charly Hübners „Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“. Der Hamburger Schauspieler und Regisseur hat ein musikalisches Porträt der Band von Sven Regener gedreht. Nach dem Erfolg seines Dokumentarfilms „Wildes Herz“ über die Punkband Feine Sahne Fischfilet wurde Hübner von den Mitgliedern der Band gefragt, ob er nicht ihre kleine Konzerttour durch Berliner Konzertorte mit der Kamera begleiten wollte.

Ein Musikmanager entpuppt sich als ein wahrer Teufel

Die Tour wurde eigens für den Film organisiert und so spielte die Band auch in den kleinen Clubs, in denen sie in den frühen 1980er-Jahren vor einer Handvoll von eher irritierten als begeisterten Zu­hö­re­r*in­nen ihre ersten Auftritte hatte. So kann Hübner elegant sowohl von den Spielstätten als auch von der Geschichte der Band erzählen. Er zeigt viel Archivmaterial aus den Anfangstagen der Band, und bei jedem der Konzerte wird ein Song ausgespielt – ganz im Stil eines konventionellen Konzertfilms.

Ungewöhnlich ist, dass Hübner mehr daran interessiert ist, was vor einem Konzert passiert: Es gibt Einsichten in das Handwerk der Musiker, ihrer Techniker und der Managerin: vom Aufbau der Bühnentechnik, vom Soundcheck und den Vorbereitungen der Musiker backstage kurz vor ihrem Auftritt. Im Film werden auch Vorgruppen angemessen präsentiert, denn die Band hatte für jedes Konzert eine andere junge Berliner Formation als Support eingeladen.

Filmfest Hamburg: Do., 26. 9., bis Sa., 5. 10., Infos und Programm: www.filmfesthamburg.de

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