wortwechsel
: Sie mag keine Lastenfahrräder, oder?

Sahra Wagenknecht agiert als Politikerin eher pragmatisch als populistisch, meinen Leser. Deutsche Parteien vermischen Asyl- und Migrationfragen mit politischen Islamismus

Wahlplakat in Borkwalde, Brandenburg vom BSW, wahrscheinlich mit SW darauf Foto: Sascha Steinach/imago

Freie Meinung

Ich hatte Tränen in den Augen“,

wochentaz vom 31. 8. – 6. 9. 24

Vielen Dank für das Interview mit Nathan Thrall. Was mir in der Berichterstattung der taz allerdings fehlt, ist eine Nachricht darüber, dass nicht nur Leseabende zur Vorstellung des Buches immer wieder auf Widerstände stoßen – so wurde im Mai eine Lesung von ihm im Frankfurter Union Club ohne weitere Begründung kurzfristig abgesagt.

Darüber hinaus verlangt unbedingt die Tatsache öffentliche Erwähnung, dass sich zunächst kein größerer deutscher Verlag fand, um das Buch dieses renommierten und international anerkannten Journalisten in einer deutschen Übersetzung auf den Markt zu bringen. Im Rahmen des freien Meinungs- und Informationsaustausches über den israelisch-palästinensischen Konflikt sind Journalisten wie Nathan Thrall und ihre Berichte von existentieller Bedeutung. Insofern müssen wir dafür sorgen, dass sie die Möglichkeit erhalten gehört und gelesen werden.

Ricarda Groß, Mühltal

Asylrecht

„Islamisten und Rechtsextreme wollen Sippenhaft. Die Bundesregierung liefert“,

wochentaz vom 31. 8. – 6. 9. 24

Volkan Agar thematisiert das, was ich schon sehr lange der Union und zunehmend auch der FDP, den Grünen und auch der SPD vorwerfe: die Vermischung von Asyl- und Migrationsfragen mit dem politischen Islamismus. Das hat zur Folge, dass der Druck auf das individuelle Recht auf Asyl immer stärker wird! Dass das Klima selbst Menschen, die hier nur friedlich leben und arbeiten wollen, unterschwellig signalisiert: Auch ihr gehört im Grunde nicht zu uns.

Die genannten Parteien spielen wissentlich das Spiel der AfD und da können sie noch so oft beteuern, dass ihr perfides Handeln keine Auswirkungen auf die „normalen Migranten“ hat.

Peter Oedinger, Korschenbroich

Gut und Böse

Müllfahrzeuge sollen schrumpfen, weil immer dickere SUVs die Straßen verstopfen“,

wochentaz vom 24. – 30. 8. 24

Ich schätze durchaus bisweilen Artikel mit wenig neuem Informationsgehalt, aber einer überzeugenden Argumentation. Doch aus diesem SUV-Artikel von Gereon Asmuth lerne ich weder etwas (außer, dass größere Autos mehr Platz beanspruchen und kleinere weniger) noch kann ich mich amüsieren (wie bei Sophie Fichtners Wasserkocherei). Der Grund sind die wiederholten persönlichen Beleidigungen von SUV-Besitzern. Gut und Böse an einer Tatsache festzumachen, ist tiefstes Boulevardniveau. Ich persönlich würde mir nie einen SUV kaufen und bin in 25 Arbeitsjahren niemals mit dem Auto zur Arbeit gefahren.

Andrei Josiek, Dresden

Erklärungssuche

Wann wird Kritik zum Verschwörungsdenken?“,

wochentaz vom 24. – 30. 8. 24

Wenn man eine politische Entscheidung für „offensichtlich und ganz ohne Zweifel“ schädlich hält, dann sucht man eine andere Erklärung, warum sie dennoch so getroffen wurde. Als Erklärung bleiben dann oft nur „verdeckte böse Absichten“.

Diese Art sich die Welt zu erklären, ist weder links noch rechts, führt aber zu anti­demokratischem, rechtem Denken und Handeln. Denn wenn das verwirrende und chaotische demokratische Aushandeln sich hinterrücks immer gegen einen zu richten scheint, dann wächst das Verlangen nach politisch Handelnden, die „verschwörungsimmun“ sind. Es muss dafür eine gemeinsame „Identität“ beschworen werden, die gemeinsame Werte und Interessen behauptet, mit denen man den heimlichen Mächten widersteht. Genau hier wird es antidemokratisch und genau hier knüpfen Nationalismus und Führerkult an.

Peter Herholtz, Ahrensburg

Berliner Borniertheit?

Der Bündnisfall“,

wochentaz vom 24. – 30. 8. 24

Ungezählte Male wird Frau Wagenknecht des Populismus geziehen. Nur zweimal wird diese Einschätzung mit ihrem Lamento über Lastenfahrräder begründet. Während meiner acht Tage im arg ländlichen Nord-Osten habe ich dort sehr viele Straßenkilometer zurückgelegt, aber gefühlt kein einziges Lastenfahrrad wahrgenommen.

Kann es sein, dass die Gleichung Lastenfahrradkritik = Populismus zu kurz greift und eher Ausdruck großstädtischer Borniertheit ist? Auf dem Land vereint halt eher der Trecker Status- und Phallus­symbolik, was ja alles auch sehr praktische Gründe hat – hier wie dort. Jedoch muss manundfrau nicht jeden rhetorischen Kunstgriff sofort mit Volksverdummung gleichsetzen, finde ich.

Werner Schottenloher, Regensburg

Pragmatismus

Der Bündnisfall“,

wochentaz vom 24. – 30. 8. 24

Mein Empfinden ist, dass gerade Sahra Wagenknecht, die von Ihnen als Populistin bezeichnet wird, zu den am wenigsten populistischen Politikern zählt.

Ein Mangel an der taz-Berichterstattung ist, dass sie sich nur auf der ideologischen Achse bewegt und daher populistisch und pragmatisch nicht unterscheiden kann. Für einen Ideologen bedeutet die Abweichung vom „richtigen Weg“ so etwas wie Verrat. So bewerten Sie Wagenknechts Abweichungen vom Weg der Linken ebenfalls als Verrat an der Sache und titulieren sie mit der abfälligsten Bezeichnung, die Ihnen einfällt, mit Populismus. Ein Pragmatiker sieht jedoch, dass das eigene Wissen beschränkt ist und man daher den „richtigen Weg“ oft nicht kennen kann. Die Welt ist komplex und wir müssen daher unseren Weg an das sich ändernde Wissen immer wieder anpassen. Angeblich sagte Konrad Adenauer: „Was interessiert mich mein dummes Geschwätz von gestern, wenn ich es heute besser weiß.“

Arnold Weible, Stuttgart

Verführung zur Macht

Der Bündnisfall“,

wochentaz vom 24. – 30. 8. 24

Machen wir uns doch nichts vor, die wahrscheinlichste Option auf Grundlage der aktuellen Umfragen ist ein Ministerpräsident Höcke mit der CDU als Koalitionspartner.

Wenn es um die Macht geht, ist die CDU bisher noch immer umgefallen. So wird sie das auch hier sicher nur zu gerne tun unter dem Vorwand, die AfD „einzurahmen“, obwohl es genau umgekehrt sein wird. Es ist nun mal einfacher, 2 Parteien unter Dach und Fach zu kriegen als BSW und Linke mit der SPD, bei der es mit dem Einzug in den Landtag knapp werden könnte. Herbert Eisenbeiss auf taz.de