Wie Apple Kreative abkassiert

Apple verlangt ab November ein Drittel der Einnahmen von Nutzer*innen auf Patreon, wenn Zahlungen über die iPhone-App abgewickelt werden. Doch es regt sich Widerstand, auch auf politischer Ebene

Blendet manchmal seine Kund*innen: Tech-Gigant Apple mit beherrschender Markt­stellung Foto: Lucas Jackson/reuters

Von Daniél Kretschmar

Wie viel kann Kreativen die Präsenz in einer App auf iPhones wert sein? 30 Prozent ihrer dort erzielten Einnahmen sollten es schon sein. Soviel werden Musiker*innen, Au­tor*­in­nen und Fotograf*innen, die sich finanziell von Fans über die Plattform Patreon unterstützen lassen, künftig an Apple abgeben, soweit die Transaktion per iPhone-App stattfindet.

Für In-App-Käufe hält der Konzern schon seit langem die Hand in dieser Höhe auf. Nur hatte Patreon bislang die Möglichkeit, andere Zahlungsoptionen als die Apple-eigene anzubieten. Ab November aber darf nur noch mit den Zwangsgebühren und ausschließlich im vom Konzern bestimmten Abomodell abgewickelt werden. Ansonsten fliegt die App aus dem App-Store.

Eine Art moderner Wegelagerei scheint das Geschäftsmodell der großen Digitalkonzerne geworden zu sein. Man mag sich erinnern, dass vor allem zwischen den 1980er Jahren und dem jungen 21. Jahrhundert aus dem sogenannten Silicon Valley in hoher Schlagzahl spannende neue Technologien kamen. Sie versprachen einen demokratisierten Zugang zu Informationen, die Verbreitung interessanter Ideen und Produkte vor einem potenziell weltumspannenden Publikum.

Diesem relativ kurzen Frühling der Innovation schon lange entwachsen, nutzen Firmen wie Meta (Facebook, Instagram), Alphabet (Google, Android), Amazon, Apple und andere inzwischen ihre marktbeherrschenden Positionen zur Erpressung immer neuer Gebühren aus den Geldbeuteln der von ihnen abhängig gemachten Unternehmen. Sie reichen die steigenden Ausgaben an die zahlende Kundschaft, also uns, weiter.

Individuell ist dieser Kostenspirale kaum zu entkommen. Nach langer Trägheit und Fehlversuchen wird die bislang völlig unzureichende staatliche Regulierung der digitalen Märkte langsam bissiger. Der erst in diesem Jahr in Kraft getretene europäische Digital Markets Act (DMA) zum Beispiel zielt auf das Monopolgebahren der Plattformen. Apple ist aufgefordert, neben dem eigenen Appstore auch andere Quellen für Anwendungen auf seinen Geräten und mit ihnen auch alternative Methoden der Zahlungsabwicklung zuzulassen. Alphabet wird dafür angegangen, dass der Konzern die marktbeherrschende Stellung der Google-Suchmaschine mit unlauteren Mitteln verteidigt.

Auch Amazons rabiate Auspressung der Anbieter auf dem „Marketplace“ ist im Visier der EU. Die dabei theoretisch angedrohten Strafsummen von bis zu 20 Prozent des weltweiten Umsatzes bei wiederholtem Regelbruch führen immerhin zu ersten Veränderungen. So findet ein schon vor vier Jahren eskalierter Konflikt zwischen Spielentwickler Epic und Apple eine neue Wendung. Epic hatte wegen der 30-Prozent-Abgabe auf In-App-Käufe in seinem populären Spiel Fortnite mit deutlichen Rabatten für alternative Zahlungsoptionen außerhalb der iOS-App geworben und war dafür aus dem Appstore entfernt worden.

Seit dem vergangenen Wochenende nutzt Epic die durch den DMA erzwungene Möglichkeit für alternative App­stores und bietet unter anderem Fortnite in einem eigenen Store für iPhones wieder an. Zunächst nur innerhalb der EU. Das robustere Vorgehen der Biden-Administration gegen digitale Monopolisten und das noch druckfrische Google-Urteil verändern die Situation jedoch in den USA zuungunsten der Plattformen.

Ab November darf nur noch mit den Zwangsgebühren abgewickelt werden

Dass Patreon sich für den Moment dem Apple-Diktat unterwerfen muss, zeigt die große Macht der über zu lange Zeit ungebrochen gewachsenen Abhängigkeiten von digitalen Plattformen. Anders als der milliardenschwere Spielentwickler Epic kann sich die Spendenplattform keine jahrelange Auseinandersetzung leisten, noch dazu mit dem Verlust des Zugangs zu Millionen iPhones.

Für Fans, die ihre Lieb­lings­künst­ler*in­nen finanziell unterstützen wollen, bedeutet das, die Augen offenzuhalten und Wege zu finden, auf denen von jedem gespendeten Euro möglichst viel bei den tatsächlichen Adres­sa­t*in­nen ankommt. Die dabei gesparten 30 Prozent Apple-Zoll wären dann vielleicht gut als Spende bei Aktiven und Initiativen investiert, die für ein offenes Netz arbeiten, das nicht allein von kommerziellen Interessen dominiert wird.