: Union: Schluss mit Geldrauswerfen
Die Union fordert die Regierung ultimativ auf, eine Haushaltssperre zu verhängen. Der staatspolitische Appell ist zugleich ein Akt der Verzweiflung: Denn die Schwarzen befürchten das schwarze Haushaltsloch. Steigt Mehrwertsteuer auf 20 Prozent?
VON CHRISTIAN FÜLLER
Die Union hat Angst davor, dass die amtierende rot-grüne Regierung jenes Geld ausgibt, mit dem Schwarz-Gelb seine Wahlversprechen bezahlen will. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Finanzpolitiker Michael Meister (CDU) forderte die Regierung gestern auf, den Etat zusammenzuhalten. „Für das Budget 2005 muss sofort eine Haushaltssperre verhängt werden“, sagte Meister der taz. „Etwas anderes ist angesichts des strukturellen Defizits, das entstanden ist, nicht verantwortbar.“
Meister sagte, das Defizit zwischen Einnahmen und Ausgaben im laufenden Haushalt sei viel höher als von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) veranschlagt. Während Eichel von 40 Milliarden Euro Unterdeckung ausgeht, vermisst die Union mittlerweile 60 Milliarden Euro. Diese Summe ergebe sich aus Etatrisiken, die Rot-Grün noch nicht eingerechnet habe – darunter Mehrkosten der Hartz-IV-Reform in zweistelliger Milliardenhöhe. Der Kanzler hatte sein Kabinett deswegen bereits zu einer Krisensitzung einbestellt.
Michael Meister, Nachfolger des ausgeschiedenen CDU-Wirtschaftsexperten Friedrich Merz, hatte den Vorstoß für ein Ausgabenveto bereits vor zwei Wochen gemacht. Angesichts der in vier Monaten stattfindenden Neuwahlen und des rapiden Autoritätsverlustes der Regierung Schröder machte der CDU-Finanzpolitiker seine Forderung nun ultimativ – Marke: Rot-Grüne müssen sofort aufhören, das Geld aus dem Fenster zu werfen. Die Union verbindet ihr Ansinnen mit einem Kassensturz. Kein Wunder: Die Partei, die die Macht beinahe sicher in Händen zu haben glaubt, muss nun erkennen, dass ihre Wahlversprechen zu teuer für den Bundesetat sind.
Konkrete Hinweise auf das Wahlprogramm der CDU vermeiden die schwarzen AkteurInnen – mit Verweis auf Montag, wenn Angela Merkel offiziell als Kanzlerkandidatin ausgerufen wird. Nur ein Programmpunkt von Schwarz-Gelb scheint sicher: die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Diese Steuer beträgt derzeit 16 Prozent (ermäßigt 7 Prozent) und ist damit europaweit auf sehr niedrigem Niveau.
Nach den Ministerpräsidenten Müller (Saarland) und Böhmer (Sachsen-Anhalt), die eine Erhöhung fordern, konnte sich gestern auch Thüringens Landeschef Dieter Althaus (CDU) nicht zu einem eindeutigen Nein durchringen. „Einseitig die Mehrwertsteuer zu erhöhen“, sagte Althaus im Deutschlandfunk, sei nicht ratsam. Allerdings: „Wenn man ein neues Steuerreformmodell umsetzt (…) dann ist natürlich selbstverständlich auch die innere Symmetrie der einzelnen Steuerformen neu zu bedenken.“ Will sagen: Im Zuge einer großen Steuerreform steht die höhere Mehrwertsteuer auf der Agenda.
Auch andere Unionspolitiker, darunter Baden-Württembergs Finanzminister Stratthaus, ziehen die Erhöhung in Betracht. Stratthaus’ Berliner SPD-Kollege Thilo Sarrazin verriet sogar, um wie viel Punkte die Steuer angehoben werden müsste: von 16 auf 20 Prozent. Eine Zahl, die oft genannt wird in diesen Tagen.