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Eigentlich zu sperrig

Es gibt auch Boxershorts und Badetücher: Der umtriebigen Illustratorin und Designerin Anna Haifisch ist in Hamburg eine üppige Ausstellung gewidmet

Anspielungsreich: aus „Drifter“ (2017) Foto: Abb.: Anna Haifisch

Von Jan-Paul Koopmann

Es ist nicht ganz einfach, jemandem auf charmante oder doch immerhin wertschätzende Art bei Selbstzweifeln zuzustimmen. Aber man kann auch nicht bestreiten, dass Anna Haifisch mit ihrem höchstens mittel-optimistischen Ausstellungstitel einen Punkt trifft: „Bis hierhin lief’s noch gut“ heißt die Schau, in der die Illustratorin, Designerin und Erzählerin einen Einblick in die vergangenen Jahre ihres künstlerischen Tuns gibt.

Dass es gut lief, liegt nun auf der Hand. Haifischs Comics wie „Von Spatz“ oder „The Artist“ werden zu Recht ausnahmslos begeistert besprochen, sie bekommt Preise, Die Zeit oder der New Yorker drucken ihre Arbeiten – für den Klimbim-Shop der Süddeutschen Zeitung hat die Leipziger Künstlerin exklusive Handtücher und Müslischalen designt. Keine Ahnung, was sie damit verdient, aber es dürfte – mindestens gemessen an der chronisch unterbezahlten Comic-Branche – ganz ordentlich sein. Und dann ist da ja auch noch diese Ausstellung selbst, die immerhin in Hamburgs großem Museum für Kunst und Gewerbe (MK&G) stattfindet und mit rund 300 Arbeiten auch ganz schön üppig ausfällt – auch hier übrigens gibt es eine exklusive Stoff­tasche zu kaufen und die noch exklusivere, nämlich nur für den „Freundeskreis“ des Hauses erhältliche Siebdruck-Edition „Billbirds“.

Kann auch sehr schönen Klimbim: Anna Haifisch Foto: Matthew James-Wilson

Die beiden Räume wirken fast ein bisschen zugestellt zwischen den dicht an dicht mit US-amerikanischen Landschafts- und Cartoon-Studien behangenen Wänden und Vitrinen voller Drucke, Zeichnungen, Skizzen und bedruckten Boxershorts in knalligem Rosa. Die besagten Badetücher hängen hier auch von der Decke – und Bücher gibt’s natürlich, in denen immer mal jemand blättert und plötzlich prustend in die museale Stille hinein lachen muss.

Einige von mehr als 300 Arbeiten: Blick in die Ausstellung Foto: Henning Rogge/MK&G

Was nun auch in der taz nicht zum ersten Mal steht: Anna Haifischs Zeichnungen sind toll. Und die von Simon Klingler fürs MK&G kuratierte Ausstellung weiß das auch zu vermitteln. Tatsächlich sind im Kontext des Hauses gerade die angewandten Arbeiten einen besonderen Blick wert, die sich sonst als skurriles Merchandise am Rande ihres Schaffens abtun ließen.

Wie gesagt: Es läuft gut, „bis hierhin“. Dass man auch die angedeuteten Zweifel verstehen kann, liegt nun daran, dass es eigentlich kein Modell für diesen Erfolg gibt, keine Mode und keinen Zeitgeist, der die überwältigende Resonanz erklären würde. Als hätte einfach kei­ne:r gemerkt, wie sperrig Anna Haifischs Arbeiten im Grunde sind, wie abseitig ihr Humor und wie antizyklisch ihre Themensetzungen. Kurz: wie heldinnenhaft sich diese großartige Kunst mit Händen und Füßen gegen ihre Verwertbarkeit wehrt – und dass sie eben nicht wegen ihrer Qualitäten erfolgreich sind, sondern trotzdem.

Ausstellung „Bis hierhin lief’s noch gut“: bis 20. 10., Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg

Führungen am 8. + 31. 8., 26. 9.;

Workshops für Kinder von 8 bis 12 Jahre

(ohne Eltern, Anmeldung erforderlich): „Funny Animal Comics“ mit den Comiczeichner*innen Kathrin Klingner und Jan Soeken: 7. 9. 14–17 Uhr;„Comic-Stoff-Sticker“ (mit Marlin van Soest und Kinder-Ausstellungsführung): 8. 9., 15–17 Uhr;

„Comic-Klebe-Tattoos“ (mit Marlin van Soest und Kinder-Ausstellungsführung): 15. 9., 15–17 Uhr

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