Kersten Augustin über die Brandmauer
: Es kommt jetzt auf die CDU an

Der Jahrestag zum Fall der Berliner Mauer ist gerade begangen, da könnte die nächste Mauer fallen. Anders als vor 35 Jahren nicht mit einem Knall, sondern Ziegel für Ziegel. Es ist die Brandmauer, die die CDU zur AfD hochgezogen hat. Und diesmal wäre das kein Grund zum Jubeln.

Auf dem Papier hat die Union beschlossen, dass sie eine Zusammenarbeit ablehnt. Doch eine Mauer aus Papier ist nicht stabil. Die Brandmauer muss sich täglich bewähren, bei den Mitgliedern, im Wahlkampf, in den Parlamenten. Und da sieht es zwei Wochen vor den Wahlen in Sachsen und Thüringen nicht nur schlecht aus. Die Brandmauer hat Scheunentore.

In einer Umfrage unter 1.002 Mitgliedern der CDU gab fast die Hälfte an, die Partei solle „zumindest in den ostdeutschen Ländern und Kommunen von Fall zu Fall mit der AfD zusammenarbeiten“. Unter ostdeutschen Mitgliedern stimmten 68 Prozent zu. Nun sind solche Umfragen mit Vorsicht zu genießen, aber sie stehen nicht allein.

Aus den Kommunen gibt es wöchentlich Berichte über die Zusammenarbeit von CDU- und AfDlern. Auch im Erfurter Landtag hat die Union Gesetze mit Stimmen der AfD auf den Weg gebracht. Auf ihren Kanälen wirbt sie, dass sie umsetze, was die AfD nur fordere. Jeder dieser Tritte gegen die Brandmauer ist ein Test: Wie groß ist die Empörung? Wie weit können wir gehen?

Thüringens CDU-Chef Mario Voigt schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD nach der Wahl weiterhin aus. Aber kann er sich auf seine Abgeordneten verlassen? CDUler in Ostdeutschland lassen sich ungern aus Berlin sagen, was sie zu tun haben.

Ein Szenario: Nach den Wahlen werden die Verhandlungen mit dem BSW unerfreulich. Die CDU wird sich von Wagenknecht nicht ihre Außenpolitik diktieren lassen. Was, wenn AfD-Chef Höcke anbietet, eine Minderheitsregierung der CDU zu unterstützen?

Die mediale Aufmerksamkeit hat sich kurz vor den Wahlen verschoben, hin zum Bündnis Sahra Wagenknecht. Eine neue Partei, die aus dem Stand erfolgreich sein könnte, das ist spannend. Dabei darf aber nicht untergehen: Es kommt jetzt auf die CDU an.