Aus dem Bauerngarten ins Landesparlament

Maria Westerhorstmann hat das landesweit beste Wahlergebnis geholt. Die Bäuerin aus Ostwestfalen holte für die CDU 65,2 Prozent im Wahlkreis Delbrück. Das ist selbst im tiefschwarzen Paderborner Land ziemlich außergewöhnlich

„Psst“, macht Maria Westerhorstmann und zeigt auf ein Reh, das knapp hundert Meter entfernt unter einem Baumzweig steht. „Normalerweise wagen sich die Rehe nur nachts in die Nähe des Hofs“, erklärt sie. Es ist ihr erster freier Tag seit ihrem furiosen Einzug in den Düsseldorfer Landtag. Sie sitzt im Schatten des rot geklinkerten Wohnhauses auf dem Hof der Familie. Zu ihren Füßen liegt ein schwarz-weiß gefleckter Hund.

65,2 Prozent hat die CDU-Kandidatin im Wahlbezirk Paderborn-Land geholt, das landesweit beste Ergebnis. 65,2 Prozent sind sogar im traditionell tiefschwarzen Paderborner Land außergewöhnlich. Und die Delbrücker, die seit jeher so tun, als stehe die eigentliche CDU-Parteizentrale in ihrem Ost, freuen sich. Ihren konservativen Ruf konnten sie eindrucksvoll bestätigen. In der Stadt Delbrück stimmten sogar 72,7 Prozent der Wahlberechtigten für Maria Westerhorstmann. Die gebürtige Delbrückerin sagt dazu: „Heimvorteil.“

Mehr als das, glaubt der Redakteur einer der zwei Tageszeitungen im Kreis Paderborn. Er hat Westerhorstmanns Karriere von Anfang an begleitet: „Sie ist ein neues Gesicht, hat einen sehr präsenten Wahlkampf geführt und sie hatte den Frauenbonus.“ Maria Westerhorstmann ist die erste Frau aus dem Kreis Paderborn, die in den Landtag gewählt wurde. Eine Ostwestfälin, Bäuerin und noch dazu eine Frau. Für die CDU ist das allerhand – zumal die Union gerade mal elf weibliche Landtagsabgeordnete stellt. „Es war schon im Vorfeld klar, dass ein verkleinerter Landtag zu Lasten der Frauen gehen würde. Durch die vielen Direktmandate sind uns viele Frauen abhanden gekommen“, sagt Maria Westerhorstmann. Das sei tragisch. „Wir verbliebenen elf Frauen müssen jetzt mehr abdecken und uns stärker vernetzen.“ Ein weiteres Ministeramt für eine Frau sei wohl fällig, findet sie. Bisher ist Christa Thoben die einzige Frau auf Jürgen Rüttgers Kabinettsliste.

Maria Westerhorstmann weiß noch nicht, in welchen Ausschüssen sie arbeiten wird. „Ich bin da kooperativ“, sagt sie. Gut vorstellen kann sie sich die Themen Familie und Bildung oder Umwelt und Naturschutz. „Die konventionelle Landwirtschaft ist in den letzten Jahren übermäßig belastet worden“, sagt sie. Sie wirbt für einen gelasseneren Umgang mit der Umwelt: „Wir versorgen hier auf dem Hof zum Beispiel keine Katzen. Das können die selber“, sagt sie. Ganz entschieden spricht sie sich auch gegen Aktionismus bei der Umwandlung des britischen Truppenübungsplatzes Senne in einen Nationalpark aus: „Wir haben zurzeit wichtigere Probleme, die finanzielle Lage zum Beispiel.“ Auf dem Tisch liegt ihre Wahlkampfbroschüre mit dem Slogan: „Für Land und Leute.“ Das Titelfoto zeigt sie im Gespräch mit Bürgern. Sie hat die Faust geballt.

Jetzt lehnt Maria Westerhorstmann entspannt im Gartenstuhl. Der Wahlkampf scheint spurlos an ihr vorbei gegangen zu sein. Nur der Anhänger mit den CDU-Aufklebern verrät, dass hier auf dem Hof Westerhorstmann Anfang April der Wahlkampf begann. Knapp zwei Monate später fragen manche Leute, wie sie das denn machen wolle mit der Fahrerei nach Düsseldorf: „Das ergibt sich. Wenn es sein muss, werfe ich ein paar Sachen in die Tasche und bin in zwei Stunden in Düsseldorf.“

1996 begann sie, sich zu engagieren, zuerst bei den Landfrauen, später im Frauen-Rat, im CDU-Kreisverband und bei der Frauen-Union. Im Haus richtete sie sich ein Büro ein, in dem sie ihre Akten stapeln und im Internet surfen kann. „Ich habe kein Studium. Das Internet hilft ungemein.“ Zugleich schaffte sie systematisch Arbeit ab: So fiel der Gemüsegarten ihren Ämtern zum Opfer.

Heute ist Maria Westerhorstmann Mitglied im Landesvorstand der Frauen-Union. Um Ämter gekämpft habe sie nie, aber wenn man ihr eins anbot, habe sie eben zugesagt. So war es auch mit der Bewerbung um ein Bundestagsmandat. Beim Kreisparteitag scheiterte sie nur knapp, es fehlten 13 Stimmen.

Anita Papenheinrich, Vorsitzende der Delbrücker Frauen-Union sagt: „Sie hat sich langsam nach vorne gearbeitet.“ Es sei kein einfacher Weg für Maria Westerhorstmann gewesen: „Als Frau muss man sich anders profilieren, gerade auf dem Land.“

Offene Anfeindungen will Maria Westerhorstmann als Frau in der CDU nicht erlebt haben. Nur diese Sache mit dem Foto: Bei einem wichtigen Parteiempfang waren zwar in der Mehrheit Männer zugegen, aber auch Westerhorstmann und zwei Kolleginnen. Doch am nächsten Morgen zeigte das Zeitungsbild nur Männer in schwarzen Anzügen. KATHARINA HEIMEIER