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Wenn Missionare sich wie Aasgeier aufs Kind stürzen

Die Domsheide ist ein Umsteigeknoten in Bremen, Busse und Bahnen verkehren in vier Richtungen, kreuz und quer liegen die Schienen. Am Samstag ertönt hier eine scheppernde Stimme: „Wolltest du deinem Leben ein Ende bereiten?“ Auf dem Gehweg stehen ein paar Leute mit Megafon und erklären, wie einfach es ist, „da wieder rauszufinden“: mit Jesu Hilfe.

Als wir an ihnen vorbeifahren, gerät mein Kind mit dem Rad in die Schienen und stürzt. Eine Frau und ein Mann sind schneller als ich und helfen ihm auf. Dem Kind ist nichts Schlimmeres passiert, eine kleine Schürfwunde am Knie. Warum umzingeln sie uns und gehen nicht zurück zu ihrem Missionstrupp? Warum gucken sie so ernst, als hätte das Kind gerade ein Bein verloren? Bevor ich sie davonscheuchen kann, sagen sie, sie würden jetzt mit uns beten wollen, sie seien nämlich gläubige Christen. Ich muss einen Zug kriegen und verbitte mir das Bebetetwerden.

Bremen-Mitte

17.600 Ein­wohner*innen.

Die Doms­heide liegt östlich neben dem Bremer Marktplatz. Sie war zentraler Ort der Bremer Straßenbahnunruhen 1968, wo auch mit Sitzblockaden der Verkehr gestört wurde.

Meine Wut verfliegt erst, als ich mir vorstelle, wie die allmächtige Göttin den Kopf auf den Tisch sinken lässt und einen Vers aus dem ersten Johannesbrief murmelt: „Lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.“ Eiken Bruhn

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