Heilige Schrift findet reißenden Absatz

EXTREMISMUS Salafisten verteilen Koran-Exemplare. Einige Bürger protestieren, viele greifen gerne zu

Radikalislamische Salafisten haben am Samstag trotz heftiger Kritik auch in Berlin kostenlose Koran-Exemplare verteilt. Unter großem Medieninteresse bauten Teilnehmer der bundesweiten Aktion „Lies!“ einen Stand am Potsdamer Platz auf. Die stundenlange Verteilaktion blieb friedlich, wie eine Polizeisprecherin am Sonntag sagte. Die kostenlosen Bücher fanden reißenden Absatz. Allein in Berlin wurden nach Angaben der Salafisten 1.500 Exemplare verteilt.

Am Potsdamer Platz sorgte die Verteilung für Diskussionen zwischen Passanten und den Radikalen. Einige Bürger protestierten mit Plakaten gegen die Aktion. Auf dem Schild einer jungen Frau war in Anspielung auf den Aktionstitel „Lies!“ zu lesen: „We don’t need your lies!“ (Wir brauchen eure Lügen nicht.) Weil sich muslimische Passanten dadurch angegriffen fühlten, kam es zu lautstarken Diskussionen. Die Gruppe „Muslime für Frieden“ protestierte mit Flyern gegen die Salafisten. „Wir wollen zeigen, dass es auch einen friedlichen Islam gibt“, sagte der 20-jährige Intisar.

An der Aktion nahm auch der Islamist und Ex-Rapper Deso Dogg teil. Der Berliner Denis C. tritt unter dem Namen „Abu Talha Al Almani“ als Prediger der radikalen Strömung des Salafismus auf. Verfassungsschützer halten ihn für einen der radikalsten Islamisten Deutschlands. Die Polizei war mit rund 20 Einsatzkräften vor Ort, um mögliche Auseinandersetzungen zu verhindern. Zuvor hatte die Behörde angekündigt, die Aktion nicht zu begleiten, da sie keine Versammlung oder Demonstration sei.

Nach Angaben der Berliner Verfassungsschutzchefin Claudia Schmid geht es der Salafistengruppe um Propaganda und die Rekrutierung von Anhängern. „Der Koran ist nur ein Mittel zum Zweck“, sagte Schmid. (dpa, dapd, taz)